Sommer
Erinnern Sie sich? Nur mühsam wollte es in diesem Jahr Sommer werden. Es blieb kalt und regnerisch – viel zu kalt. Aber dann: wochenlang schien die Sonne vom blauen Himmel, ein Hochdruckgebiet gab dem andern die Hand und in Deutschland gab es einen Bilderbuchsommer.
Was für eine Überraschung, als im Wirtschaftsteil der Zeitung gemeldet wurde: „Reiseveranstalter leiden unter Traumsommer“. Und unter der Schlagzeile fand sich gleich eine Erklärung: die meisten Deutschen zogen die Ostsee dem Mittelmeer vor. Klar. Wer Fernreisen verkauft, der konnte mit diesem Traumsommer nicht zufrieden sein.
Vor Jahren habe ich mit einem jungen Weinbauern die Frage erörtert, ob der Wein in diesem Jahr wohl besonders gut gelingen würde. Denn es hatte noch spät Frost gegeben und der Herbst schien verregnet zu sein. Der Weinbauer, ein ruhiger, eher wortkarger Mann, der schmunzelte und erzählte uns eine Geschichte:
Die Bauern waren wieder einmal gar nicht mit dem Wetter zufrieden und klagten Gott ihre Not. Da versprach Gott ihnen für das nächste Jahr, dass sie das Wetter machen durften. Und das klappte ganz hervorragend. Es regnete zur rechten Zeit, die Sonne schien zur rechten Zeit. Aber dann, dann kam die Ernte, und es zeigte sich, dass die Ähren leer geblieben waren, nur wenige Früchte waren gediehen. Und da stellten die Bauern fest, dass sie den Wind vergessen hatten. Der Bauer schloss mit dem Satz: „Seither macht Gott wieder das Wetter.“
Und ich denke seitdem, irgendwie hat jedes Wetter doch auch seine guten Seiten.