Nette Leute aus Saudi-Arabien
„Nein, nein, nein“, sagt meine Freundin, wenn ich ihr vorschlage, doch einmal mit dem Rollstuhl in den nahe gelegenen Park zu fahren. Ja. Zu fahren. Sie ist jetzt auf den Rollstuhl angewiesen, und sie möchte um Gottes willen niemanden belasten. So wie sie es ihr ganzes Leben lang gemacht hat. Denn sie sieht natürlich, dass auch meine Kräfte begrenzt sind.
„Aber es ist ein so schöner Tag! Und dieser Park, der ist doch auch über schräge Ebenen erreichbar.“ Damit werbe ich für unseren Ausflug und zuletzt stimmt sie zu. Es macht Spaß, um den kleinen Weiher herumzufahren, den Vögeln zuzusehen, und festzustellen, dass der Herbst naht, denn die kleinen Entchen sind richtig groß geworden und kaum noch von den alten zu unterscheiden. Ich bin sehr zufrieden, dass ich mich durchgesetzt habe. Aber jetzt auf dem Rückweg, da fürchte ich, dass ich doch nicht alles richtig bedacht habe. Die schräge Ebene da vorne, die ist doch ziemlich steil.
Und dann naht Hilfe. Zwei Erwachsene, zwei Kinder, die offensichtlich zusammengehören, die sprechen mich an und fragen, ob sie helfen dürfen. Allerdings sprechen sie Englisch und mein Englisch ist fürchterlich eingerostet. Und doch: Wir reden mit Händen und Füssen, und jeder trägt ein bisschen mit seiner Lebens- und Spracherfahrung bei. Wir erfahren, dass dieses Ehepaar und ihre Kinder aus Saudi-Arabien kommen. Aus Saudi-Arabien! Oh, das ist aber weit! Sie sind auf Sightseeingtour und nachdem sie - offensichtlich ohne Anstrengung - den Rollstuhl die schräge Ebene hinaufgefahren haben, würden sie schrecklich gern mehr über Frankfurt erfahren – vielleicht von den Menschen, die hier leben. Gern hätten wir das als Dank und Antwort für ihre Hilfe zurück gegeben. So musste es bei ein paar gestotterten Hinweisen und Handzeichen für den Weg zum Goethehaus bleiben.
Wir aber haben noch lange über dieses kleine, wärmende Erlebnis geredet, das uns gezeigt hat, dass es menschliche Zuwendung und Freundlichkeit über viele Grenzen hinweg gibt.