Anmerkungen über die Großherzigkeit

Jeder gibt das Seine, sagte mein alter Onkel immer: Jeder gibt das Seine - und der Reiche ein bisschen weniger. Jetzt haben ein paar Reiche schlaflose Nächte, weil Unterlagen aufgetaucht sind über Steuerparadiese und Schwarzgeldkonten in Übersee. Milliarden sind an der Steuer vorbei geschmuggelt worden. Das ist strafbar. Briefkastenfirmen auch, wenn sie nur dazu dienen, Geld zu behalten, das dem Staat gehört. Warum fällt es Menschen mit Geld manchmal so schwer, einfach ehrlich oder großherzig zu sein?

Ich habe nichts gegen Reiche. Jesus auch nicht. Er saß mit Reichen am Tisch und ließ sich gerne mal bewirten. Es gibt gut zu essen und zu trinken im Hause von Wohlhabenden. Ihre Gastfreundschaft ist schön. Trotzdem hat Jesus gesagt: Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt (Neues Testament, Markusevangelium Kapitel 10, Vers 25). Hat er doch etwas gegen Reiche? Nein, er hat etwas gegen Menschen, die nur sich sehen. Wer Geld zur Seite schafft und Steuerparadiese liebt, sieht nur sich und sein Geld. Sieht allein darauf, wie sein Geld immer mehr wird und niemand etwas davon hat. Auch wenn das nicht verboten ist, ist es selbstgefällig. Das mag Jesus nicht. Selbstgefällige sind ihm zuwider. Gott schenkt ja nicht, damit ich alles behalte. Gott schenkt, damit ich auch abgebe. Einfach so, ohne lange zu fragen und zu rechnen.

Solche Leute liebt Gott. Die einfach abgeben, was nicht dringend gebraucht wird. Und nicht Gott und die Welt betrügen, nur um zu behalten oder immer mehr zu bekommen. Gier ist Sünde. Und tut weh, weil das Herz eng wird. Mag sein, dass man sich ein Weilchen die Hände reibt über sein Steuerparadies. Eines Tages aber kommt der Betrug doch ans Licht. Morgen oder nächstes Jahr. Spätestens beim Jüngsten Gericht. Und alle Betrügereien und schlaflosen Nächte waren umsonst. Dann lieber heute schon ehrlich sein. Und großherzig.
Es schläft sich einfach besser.