Wie Gottvertrauen beginnt
Vom kleinen Jens habe ich viel gelernt, damals. Ich kannte ihn gar nicht, aber plötzlich steht er hinter mir, ein etwas dicklicher Junge, vielleicht zehn Jahre alt. Er ist in die offene Kirche gekommen, in der ich schon eine Weile sitze. Vielleicht hat er mich kommen sehen, als er vor der Kirchentüre Fußball spielte. Ich sitze in der ersten Kirchenbank, weit entfernt vom Chorraum, in den ich schaue. Das Dorf lag auf meinem Weg in den Urlaubsort. Die Kirche sah so mächtig aus, dass ich hineinschauen wollte. Der Junge setzt sich ohne zu zögern neben mich und schaut in die gleiche Richtung wie ich.
Na“, sage ich, „ wer bist Du denn?“
„Ich bin der Jens und habe mein Fahrrad draußen und wollte auch mal gucken“, sagt er.
„Kennst Du denn das Haus hier nicht?“, frage ich ihn.
„Nein“, sagt er, „ich war noch nie hier drinnen, nur draußen auf dem Platz zum Fußball spielen. Aber heute war die Tür auf. Was ist denn das hier?“
„Das ist eine Kirche“, sage ich und wundere mich ein wenig.
Dann sitzen wir dicht nebeneinander, schweigen und schauen nach vorne. Der Junge ist aufmerksam, hat den Mund leicht offen und macht große Augen. Nach einer Weile ohne Worte zeigt er mit seinem Finger auf den großen Körper am Kreuz, das von der Decke der Kirche herabhängt. Dann fragt er leise:
„Wer ist denn der Mann da?“
„Das ist Jesus“, sage ich zu ihm und sehe, dass er erstaunt ist, fast erschrocken.
„Der Jesus Christkind?“, fragt er verblüfft.
„Ja“, sage ich, „der Jesus da war auch das Christkind.“
Jetzt richtet sich der Junge auf mit seinem Körper, sitzt angespannt und kerzengerade neben mir und schaut unentwegt nur den Mann am Kreuz an. Dann, auf einmal, legt er ganz vorsichtig seinen Kopf auf meine Schulter und legt seine kleine Hand in meine Hand. Manchmal, lerne ich in diesem Moment vom kleinen Jens, muss man gar nichts reden. Dann beginnt Gottvertrauen, wenn ein Mensch nur zärtlich ist zum anderen.