hr4 ÜBRIGENS
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Olschewski, Gudrun

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

Lästern

Lästern

Wenn man an einem schönen Sommerabend in einem Biergarten dicht an dicht mit anderen sitzt, kriegt man so manches Gespräch unfreiwillig mit: Guck mal, der da hinten: kurze Hose, braun kariert, Sandalen und Strümpfe bis über die Waden. Kann man machen, sieht aber scheußlich aus.“ Und am Nebentisch sagt einer: „Schau mal, der an der Ecke, wann der wohl das letzte Mal beim Frisör war mit seiner Sturmfrisur.“

Zugegeben, ich kenne so was auch von mir selbst. Und ich bin froh, wenn ich mir selbst sage: Lass gut sein, über mich kann man auch einiges sagen. Und dann versuche ich, die Menschen mit anderen Augen anzusehen, weniger von oben herab, mehr auf Augenhöhe. Dann kommen mir die anderen tatsächlich ein bisschen näher.

„Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Dieses Wort aus der Bibel kennt wohl jeder. Das höchste Gebot, wie Jesus es einmal genannt hat, kann man auch so übersetzen: `Du sollst Gott lieb haben und deinen Nachbarn, er ist wie du`.

Mein Nachbar, er ist wie ich? Da regt sich Widerspruch in mir. So wie mein Nachbar bin ich nun wirklich nicht. Der fängt überall Streit an, ist mit allem und jedem unzufrieden, ganz egal, um was es geht. Oder die Frauen, aus dem 1. Stock: Ziehen über andere her, was das Zeug hält. Nein, so bin ich nun wirklich nicht. Bin ich jedoch ehrlich mit mir selbst, muss ich mir eingestehen: Auch ich bin manchmal schlecht gelaunt, bin mit allem und jedem unzufrieden. Dann poltere ich manchmal auch richtig laut los. Und hinterher tut es mir unendlich leid.

Wenn ich das nächste Mal anfange über meinen Nachbarn zu lästern, will ich mir selbst Einhalt gebieten. Will ich mir sagen: Du bist auch nicht besser. Du bist wie sie oder er. Vielleicht reden wir dann künftig miteinander, statt übereinander zu lästern.