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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Feiertage sind allen zu gönnen

Feiertage sind allen zu gönnen

In diesem Jahr hat Shafik Glück, morgen, am Sonntag, hat er keine Schule und kann zum Gebet in die Moschee gehen. Shafik geht in die Schule, in der ich Schulseelsorger bin, und hat mir erzählt, wie  für ihn das Fest des Fastenbrechens am Ende des Ramadan beginnt: Nach dem Gebet feiert die ganze Familie zuhause ein opulentes Fest. Auch Verwandte aus den Niederlanden sind eingeladen und die Nachbarn von gegenüber.

Wenn der Staatsvertrag, der diese Woche in Hamburg auf den Weg gebracht wurde, auch in Hessen gelten würde, könnte Shafik nächstes Jahr in der Schule frei bekommen und seine Eltern hätten das Recht Urlaub zu nehmen, oder ihr Pensum nachzuarbeiten, damit sie das Ende des Ramadan so feiern könnten, wie sie es morgen tun.

Durch den neuen Vertrag will Hamburg den Muslimen „einen Platz in der Mitte der Gesellschaft“ einräumen. So heißt es in dem Vertrag. Dann hätten auch Muslime ein Recht darauf, den Alltag durch ein religiöses Fest zu unterbrechen und die Gelegenheit, sich zu besuchen, miteinander zu feiern und miteinander über die Themen nachzudenken, die im Alltag oft zu kurz kommen.

Shafik erklärt mir, wie Muslime den Ramadan verstehen: Sie denken an arme Menschen und sollen sich wirklich so fühlen, wie jemand, der an jedem Tag nur wenig zu essen hat. Shafik hat es nicht ganz durchhalten können, gibt er zu. Sein Fußballtrainer achtet streng darauf, dass die Spieler regelmäßig zum Training kommen. Da hat er an vier Tagen eine Ausnahme gemacht. Denn wer von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht isst und trinkt, hat einfach keine Kraft zum Trainieren. All das ist morgen vorbei, und es wird gefeiert.

Feiertage sind nicht nur notwendig, weil sie den Alltagstrott unterbrechen, damit man mal so richtig Luft schöpfen kann und die Atemlosigkeit ausgleichen, die sich im Alltag angehäuft hat. Feiertage sind wertvoll, weil sie Sinn haben. Sie sind mit Lebensthemen verbunden, die der Alltag oft überdeckt: Schuld und Vergebung, Liebe, Gerechtigkeit und Hoffnung. Wenn Feiertage mehr sind als nur arbeitsfrei, kann man sie besonders genießen, dann geben sie der Seele Nahrung. Darum sind sie nicht nur Christen, sondern allen Menschen zu gönnen.