hr4 ÜBRIGENS
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Vorländer, Martin

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Blitz aus heiterem Himmel

Blitz aus heiterem Himmel

Unsere Hundedame merkt immer als erste, wenn ein Gewitter im Anzug ist. Der Himmel kann noch blau und harmlos aussehen. Doch sie läuft nervös hin und her, sucht nach einer Ecke, in die sie sich verkriechen kann, und zittert am ganzen Leib. „Keine Angst!“, versuchen wir sie zu beruhigen. „Ist doch bloß ein Gewitter.“

Eigentlich zittert der Hund zu Recht. Es ist eben nicht „bloß ein Gewitter“. Fast 365 000 Mal hat es am letzten Wochenende über Deutschland geblitzt. In Nordhessen auf einem Golfplatz in Waldeck starben drei Frauen nach einem Blitzeinschlag. Sie hatten in einem Unterstand Schutz gesucht. In einer Spezialklinik kämpfen Ärzte um das Leben einer vierten Frau.

Meine Gedanken und Gebete gehen zu der verletzten Frau und zu denen, die um die Toten trauern. Mich beschäftigt, wie blitzartig ich den Naturgewalten ausgesetzt sein kann. Da habe ich alle mögliche Technik um mich herum. Ich kann mich absichern und das moderne Leben im Griff haben. Aber einem Blitz bin ich genauso ausgeliefert wie die Menschen Jahrtausende vor mir. Vor Jahrtausenden schrieb einer von ihnen in einem Psalm in der Bibel: „Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben.“ (Psalm 39, 6)

Er hat Recht. Deswegen muss ich nicht in Furcht und Zittern meine Tage verbringen. Aber dankbar sein für die Zeit, die mir geschenkt ist. Und immer wieder neu die Ehrfurcht vor dem Leben lernen, das so blitzartig zu Ende sein kann.