hr2 ZUSPRUCH
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Krebs, Stephan

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Langen

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Zwischen Glühwein und Krippe

Zum Advent gehören die Weihnachtsmärkte mit ihren Lichtern, Buden und Düften. Auf so einem Weihnachtsmarkt stehe ich und nippe an einem Becher Weihnachtspunsch. Neben mir steht eine Frau. Mit ihr komme ich ins Gespräch. Sie erfährt, dass ich Pfarrer bin und fragt mich: „Was hat das hier eigentlich mit dem christlichen Glauben zu tun?“

Zwischen Baumschmuck und Glaube – wo steckt Weihnachten?

Ich antworte: „Sie können hier Engel und Krippen kaufen.“
Die Frau schaut mich belustigt an und sagt: „Dann könnte das hier auch der Punsch-Markt sein. Also, Herr Pfarrer, geben Sie sich bitte etwas mehr Mühe mit mir.“
Ich merke: Sie meint ihre Frage ernst. Und antworte ihr: „Sie finden hier eine bunte Mischung aus Brauchtum und christliche Hoffnungen, Kommerz und Sehnsucht nach Liebe.“

Sehnsucht, Kommerz und verborgene Gefühle

Die Frau entgegnet: „Brauchtum und Kommerz - ja, das sehe ich hier: Aber Sehnsucht nach Liebe kann ich nicht erkennen.“
Ich entgegne: „Kein Wunder. Die tragen ja auch alle versteckt in ihrem Herzen. Aber ich sehe hier viele verletzliche und sehnsuchtsvolle Augen. Über diesem Markt liegt unsichtbar der Wunsch nach Frieden und Gemeinschaft. Und hinter den Weihnachtsgeschenken steckt die Sehnsucht nach Liebe.“

Was macht Weihnachten eigentlich christlich?

Die Frau sagt: „Okay, Weihnachten hat viel mit Sehnsucht nach Liebe zu tun. Aber was ist daran christlich? Die Liebe werden die Christen wohl nicht für sich exklusiv beanspruchen?“
Ich schüttele den Kopf: „Nein, Liebe ist etwas Universales. Aber der christliche Glaube gibt der Liebe schon etwas Besonderes. Die Liebe geht von Gott aus. Gott liebt – und zwar bedingungslos. Dafür hat der christliche Glaube Bilder gefunden: Zum Beispiel das Licht, das die Dunkelheit durchdringt. Und natürlich das Christkind in der Krippe. Gottessohn - zart und verletzlich, der Welt ausgeliefert. Geboren in einem Stall, abseits von allem Trubel.“

Gott mitten im Trubel – geht das überhaupt?

Die Frau ist schlagfertig und sagt: „Ausgerechnet der versteckt sich jetzt hier irgendwo mitten im Trubel?
Mir gefällt ihre kritische Art und antworte: „Ja, mehr ist es wohl nicht. Jedenfalls dürfen Sie hier nicht den großen christlichen Urknall erwarten - mit Auftritt von Jesus Christus mit Rauch und Sternen. Das wäre zwar eine tolle Inszenierung. Aber genauso ist Gott nicht. Weihnachten ist das Fest des leisen Gottes, der sich unter die Menschen mischt. Gott finden Sie hier überall, wenn sie wollen. In den anderen.“

Den leisen Gott finden – im eigenen Herzen

Ich zögere kurz, dann ergänze ich: „Sie können also auch selbst etwas dafür tun, dass hier mehr Christus zu finden ist. Denn auch Sie geben Gott ein Gesicht und eine Stimme. Viele ahnen etwas von dieser Verbindung. Deshalb suchen sie hier nach etwas Besonderem. Etwas, das Sie auf einem normalen Wochenmarkt nicht erwarten.“

Was suchen Menschen auf dem Weihnachtsmarkt wirklich?

Die Frau nicht: „Ja, eigentlich schon. Aber ich weiß gar nicht so genau, was.“
Ich sage: „Sie tragen es in Ihrem Herzen.“