hr2 ZUSPRUCH
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Vonderau, Judith

Ein Sendung von

Katholische Autorin bei "kirche im hr", Bad Orb

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Zurück zum Kindsein

„Werd´ doch mal erwachsen!“ – ein Satz, der gerne dann mal fällt, wenn sich ein Erwachsener wie ein Kind verhält. Ein Satz, der gerne als Vorwurf gesagt wird. Sich erwachsen verhalten ist das, was Erwachsene tun sollen. Nichts anderes. Und schon gar nicht: sich wie ein Kind verhalten. An den Satz „Werd´ doch mal erwachsen!“ muss ich immer denken, wenn ich in der Bibel genau das Gegenteil lese.

Im Matthäusevangelium steht nämlich: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ (Mt 18,3) Das Himmelreich wird manchmal auch Reich Gottes genannt. Im Evangelium ist das etwas richtig Gutes. Es meint einen Zustand, in dem alles gut ist. In dem Gott sich um die Menschen kümmert. In dem jeder hat, was er braucht. In dem für alle gesorgt ist und wo es das gibt, was alle brauchen: Frieden, Gerechtigkeit, Freude.

„Werdet wie die Kinder“

Aber einen Haken scheint es zu geben: Um diesen Zustand zu erreichen, muss ich werden wie ein Kind. Ich frage mich, was denn Kindsein eigentlich ausmacht. Was daran so wertvoll ist und was Jesus gemeint haben kann, als er den Erwachsenen gesagt hat, dass sie wie Kinder werden sollen.

Jesus spricht nämlich immer wieder von Kindern: Kinder sind ihm willkommen, er hat sie gern um sich. In seinen Augen sind sie nicht die kleinen, unfertigen Menschen, die erst erwachsen werden müssen, um für voll genommen zu werden. Im Gegenteil: Kinder haben Erwachsenen etwas Entscheidendes voraus: den Zugang zum Himmelreich. Kinder sind in dieser Hinsicht Vorbilder für Erwachsene. Und so verweist Jesus immer wieder auf die Kinder, auf die Kleinen, die für ihn so groß sind.

Kinder als Vorbild für uns Erwachsene

Kinder sind unbefangen, echt, haben keine Vorurteile und verzeihen so vieles. Sie sind ehrlich: Ein „Ich habe dich lieb“ kommt bei ihnen immer aus tiefstem Herzen. Und wenn sie etwas doof finden, dann sagen sie das auch – egal, für wie passend oder unpassend die Erwachsenen das gerade halten. Und: Kinder vertrauen denen, die sie lieben. Meistens sind das ihre Eltern. Vielleicht geht es bei Jesu Worten um diese Art von Beziehung, um das gelingende Miteinander, um das Urvertrauen.

An anderer Stelle spricht er davon, dass alle Menschen Kinder Gottes sind. Vielleicht wollen seine Worte genau daran erinnern: Gott ist wie ein Vater für uns. Ihm dürfen wir vertrauen, zu ihm dürfen wir mit allem kommen, was uns beschäftigt. So wie wir das als Kinder mit unseren Eltern gemacht haben. – Kind Gottes sein, eine Aufgabe nicht nur für Kinder!