Wirklich alles perfekt?
„Hochmut kommt vor dem Fall“ – das besagt ein altes Sprichwort. Wenn ich also von mir denke, dass ich alles richtig mache und jede Situation zu beherrschen weiß, kann das ein schlimmer Trugschluss sein.
„Was bin ich froh, dass ich nicht so bin wie andere!“ Manchmal gibt es Situationen, in denen wir uns mit anderen Menschen vergleichen. Um mich besser zu fühlen, grenze ich mich von anderen ab. Im Vergleich zu anderen Menschen halte ich mich für etwas Besseres.
In der Bibel wird von einem solchen Vergleich erzählt. Da gibt es den Pharisäer, der Gott im Tempel dankt, dass er nicht wie die anderen Menschen sei – und zeigt dabei auf einen anwesenden Zöllner. Den Zöllnern eilte damals der Ruf voraus, schlimme Betrüger zu sein.
Selbstgerecht vs. demütig
Im Gegensatz zu anderen Menschen fastet der Pharisäer zweimal pro Woche und spendet zehn Prozent seines Einkommens. Damit stellt er sich in ein positives Licht. Ihm kommt es also auf seine Außenwirkung an. Der Zöllner, der auch im Tempel beten will, bleibt ganz hinten am Eingang stehen und sagt nur: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Er bekennt sich also zu seinen Fehlern und zu seiner Schuld und hofft auf Barmherzigkeit und Verzeihung. Das Gleichnis endet mit der Aussage Jesu: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt. Wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Ein bekannter Satz, der zum Nachdenken anregt.
Bin ich frei von Fehlern?
Und je länger ich über diese beiden Personen nachdenke, umso mehr denke ich darüber nach, in wem ich mich mehr selbst finden könnte. Letztlich habe ich wohl von beiden Seiten etwas in mir: Auch ich würde gerne perfekt sein, aber gleichzeitig ist mir bewusst, dass es diese Perfektion gar nicht geben kann, weil ich Fehler mache und nicht allen Menschen immer gerecht werden kann.
Wahrscheinlich wird es vielen Menschen ähnlich gehen. Wenn ich mich kritisch reflektiere, komme ich sicher zu dem Schluss, dass ich auch nicht immer ehrlich genug zu mir selbst bin. Dann hilft mir dieser Satz: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt. Wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ So versuche ich, immer mehr einen realistischen Blick auf das zu bekommen, was ich zu leisten imstande bin und mich nicht über andere Menschen zu erhöhen.
Die wahre Kunst: Sich selbst nicht zu ernst nehmen
Von Papst Johannes XXIII. soll der Ausspruch überliefert sein: „Giovanni, nimm dich selbst nicht so wichtig!“ Ja, das ist eine gute Einstellung: sich selbst nicht zu wichtig nehmen und auch über sich selbst lachen können. Nicht immer einfach, aber letztlich lohnenswert - gerade, weil ich nicht perfekt bin.