hr2 ZUSPRUCH
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Dechant, Rebecca

Eine Sendung von

Katholische Gemeindereferentin in der Pfarrei Lioba

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Einfach sprachlos

gesprochen von Stephanie Mosler

Neulich Morgen – ich wache auf, und möchte meine Familie mit einem „Guten Morgen!“ wecken … und nichts. Kein Ton. Nur heiße Luft. Ich war komplett heiser. Die Stimme? Weg. Einfach abgehauen. Vielleicht auf Urlaub in wärmeren Gefilden?

Im Laufe des Vormittags wurde es schlimmer. Da kratzt es im Hals, da zwickt es beim Schlucken, und jeder Bissen fühlt sich an wie Schmirgelpapier. Ich bin genervt. Ich rede nämlich unwahrscheinlich gerne. Aber schon einsilbige Antworten sind nicht mehr möglich. Ob zu Hause im Familienalltag mit meinem Mann und den Kindern oder an der Arbeit, bei Telefonaten und bei Absprachen: Ich bin verstummt. Und das alles in der schönsten Zeit des Jahres – im Herbst und ja, auch in der aktuellen Erkältungssaison.

Was wollte ich nochmal sagen?

Da muss ich wohl jetzt durch. Gemeinsam mit so vielen anderen, die auch nicht um die Erkältung herumgekommen sind.

Man wird stumm. Nicht aus Höflichkeit. Sondern aus Schmerz. Man trinkt Salbeitee, lutscht Bonbons, macht Dampfbäder – und trotzdem bleibt dieser fiese Kratzgeist im Hals. Also schweigt man. Und plötzlich merkt man: Das Schweigen ist nicht nur körperlich.

Ich habe darüber nachgedacht und festgestellt: Es gibt viele Momente im Leben, in denen ich verstumme. Nicht, weil ich heiser bin, sondern weil mir etwas unangenehm ist. Weil ich etwas nicht aussprechen will. Weil es weh tut. Ich schweige, um Situationen zu umgehen. Um nicht zu fühlen. Um nicht zu zeigen.

Auch in der Stille liegt Kraft

Aber manchmal – ganz selten – verstumme ich auch, weil mich etwas tief berührt. Ein Gedanke. Ein Gebet. Ein Vers aus der Bibel. Eine göttliche Stimme, die nicht laut ist, sondern leise. Und trotzdem so kraftvoll, dass sie mein Herz erreicht. Dann bin ich sprachlos – aber nicht, weil ich nichts zu sagen habe, sondern weil ich etwas verstanden habe.

Vielleicht ist das Verstummen manchmal gar nicht so schlimm. Vielleicht ist es sogar heilsam. Denn in der Stille spricht und hört man oft das Wichtigste.