hr1 ZUSPRUCH
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Wittich-Jung, Kathrin

Ein Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Studienleiterin, Hofgeismar

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Pause-Knopf

Schon Kleinigkeiten lassen sie zurzeit die Fassung verlieren. Heute Morgen, als ihre kleine Tochter die Milch über den Frühstückstisch, die Zeitung und die Schulhefte vergossen hat, ist sie einfach in Tränen ausgebrochen.

An manchen Tagen ist alles zuviel

Es ist alles zu viel gerade. Dabei dachte sie: Dieses Jahr wird es etwas ruhiger. Sie fühlt sich gehetzt, atemlos:  Vom Beruf. Ihrer finanziellen Lage. Manchen Ansprüchen, und die Weltlage trägt auch nicht zur Entspannung bei.

Und heute Morgen war es einfach zu viel. Die verschüttete Milch auf dem Frühstückstisch und plötzlich hatte sie das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.

Ein Pause-Knopf gegen Stress wäre schön

Eigentlich braucht sie einen „Pause-Knopf“. Den würde sie einfach drücken, wenn ihr die Welt und all das andere zu viel und zu laut wäre. Und dann würde die Welt einen Moment stillhalten. Ruhe! Die Stimmen im Kopf würden verstummen. Die Nachrichten wären für den Moment einfach aus. Die Sorgen hätten sich verzogen und sie könnte aufatmen. Das wäre einfach wunderbar.

In dem Moment spürt sie nur: So geht es nicht weiter. Sie braucht eine Pause, muss Atem holen. Auftanken. Luft und Kraft.

In der Natur neue Kraft tanken

Sie schnappt sich den Hund. Die beiden gehen zum See. Dort ist es ruhig. Die Zugvögel schnattern und ab und an sieht sie einen Fisch im Wasser glitzern. Sie blickt auf das Wasser. Hört die Natur um sich. Sie atmet ein paar Mal tief ein und aus. Spürt dem Atem nach, wie er durch den Körper in ihre Lungen fließt und wieder raus geht. Sie spürt, wie sich der Brustkorb weitet. Ihr Kopf wird frei. Nur sie.

„Meine Seele wird stille in dir, Gott“

Und dann taucht dieser Satz aus einem Gebet in der Bibel in ihr auf: „Meine Seele wird stille in dir, Gott“ (Psalm 62,2). Zuerst wundert sie sich fast – woher kennt sie ihn eigentlich? Aber während sie am Wasser steht, passt er. Nicht wie ein Befehl, eher wie eine Einladung. Stille sein nicht, weil alles perfekt wäre. Sondern, weil sie in diesem Moment merkt: Es geht auch ohne das ganze Gedränge, ohne all die Stimmen. Für einen Augenblick ist einfach Ruhe da. Und sie findet neue Kraft und Energie.