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Maschke, Andrea

Ein Sendung von

Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf

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Die wieder entdeckte alte Kochkiste

Ich koche jetzt manchmal in meinem Bett. Das ist nicht so verrückt, wie es sich anhört. Vielleicht habe ich mich auch nicht ganz korrekt ausgedrückt, besser so: Immer öfters kocht sich mein Essen in meinem Bett weiter.

Festjahr "100 Jahre Neues Frankfurt" 

Aber der Reihe nach: Ich war bei einer Veranstaltung im Rahmen des Festjahres zu „100 Jahre Neues Frankfurt“. Das Neue Frankfurt, so hieß das große Stadtplanungsprogramm in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Damals wurden in nur fünf Jahren 12.000 Wohnungen im Bauhausstil gebaut.

Die "Frankfurter Küche" war mit energiesparenden Kochkisten ausgestattet

Bei der Jubiläums-Veranstaltung ging es um die sogenannten „Kochkisten“ – und nein: Damit sind nicht diese vorgepackten Kisten gemeint, die man bestellen und sich liefern lassen kann, mit den schon abgemessenen Zutaten für ein bestimmtes Essen.

Die Kochkiste, um die es da ging, gehörte zur Ausstattung der sogenannten Frankfurter Küche, einer damals erfundenen, sehr praktischen ersten Einbauküche. Sie war in fast allen Wohnungen des „Neuen Frankfurts“ zu finden.

In gut isolierten Holzkisten garte das Essen über den Tag weiter

In die Kochkiste, einer ausgepolsterten und gut isolierten Holzkiste, stellte man die geschlossenen Töpfe morgens mit den kurz angekochten Speisen, Kartoffeln, Reis oder Eintopf etwa, manchmal auch Fleisch. Und dort garte das Essen dann fertig, ohne weitere Energiezufuhr zu brauchen. – Und war dann bereit und fertig, wenn die Familie nach Schule und Arbeit nach Hause kam.

Das war natürlich keine neue Erfindung damals, schon vorher wurden Töpfe warmgehalten, um so den Kochprozess noch fortzusetzen, manchmal dick eingepackt in Decken – oder eben im Bett. Neu aber war, so eine Kochkiste in der Küche serienmäßig neben dem Herd stehen zu haben.

Energiesparen ohne Verzicht und Einschränkung

Diese Veranstaltung hat mich fasziniert, nicht nur, weil wir am Ende des Abends die sehr leckeren Kochkisten-Kartoffeln miteinander verspeist haben. Auch weil ich mich für so alte Traditionen und Techniken begeistern kann - und diese hier finde ich sehr kreativ.

Was mir aber am besten gefallen hat: Energiesparen hat da mal nichts mit Verzicht und Einschränkung zu tun! Die Kochkiste ist in meinen Augen wirklich eine win-win-win-Angelegenheit: Strom sparen, Zeit sparen und noch dazu kocht nichts mehr über oder brennt an.

Perfekt gegarter Milchreis aus dem Bett

Am meisten überzeugt mich der Milchreis. Der kocht bei mir nämlich oft über oder brennt an, weil ich häufig mehrere Sachen gleichzeitig erledige. Und jetzt lasse ich ihn morgens kurz aufkochen, stelle ihn in mein Bett – und wenn ich von der Arbeit komme, ist er fertig, noch heiß und genau richtig. Voila!

Kochkisten kann man inzwischen auch wieder kaufen, sogar richtig stylische Modelle. Oder man kann sie selber machen, auch mit einfachen Mitteln und ein bisschen Kreativität. Ich habe in meiner Küche eine Eckbank mit einem Kasten drunter. Dort soll jetzt eine Art Kochkiste entstehen. Bis ich aber zum Werkeln komme, gibt es weiterhin Kartoffeln oder Milchreis aus dem Bett.