Die weiße Kirche am Bornheimer Hang
Von meinem Wohnzimmerfenster aus sehe ich zwei schlanke Kreuze. Sie stehen auf dem Turm der Heilig-Kreuz-Kirche im Frankfurter Stadtteil Bornheim. Heilig Kreuz, das ist die große weiße Kirche, die auch von der Autobahn, der A 661, gut sichtbar ist.
In 5 Jahren wurden 12.000 Wohnungen gebaut
Fast 100 Jahre ist diese Kirche alt, gebaut wurde sie 1928/29. Aber schon jetzt darf sie sich ein bisschen feiern lassen. Denn sie gehört zum Stadtplanungsprogramm „Neues Frankfurt“ - und das wurde vor 100 Jahren begonnen und wird deshalb 2025 besonders gefeiert. Nur zur Einordnung: In den Jahren 1925 bis 1930 wurden in Frankfurt gegen die große Wohnungsnot neue Siedlungen mit insgesamt 12.000 Wohnungen gebaut, alles im modernen Bauhaus-Stil. Das soll heute mal jemand nachmachen! Verantwortlich war damals der Stadtbaurat Ernst May, weshalb viele noch heute von den „May-Siedlungen“ sprechen.
Die Kirche war die "Hangkrone" der May-Siedlung
Die Heilig-Kreuz-Kirche krönt in gewisser Hinsicht die May-Siedlung Bornheimer Hang. „Hangkrone“, das war auch der Arbeitsname für die Kirche während der Bauzeit.
Besonders ist aber auch das Innere: Steigt man die Treppenstufen hoch und tritt ein in die Kirche, dann eröffnet sich ein weiter, hoher und - durch die Farben - warmer Raum. Ein feierliches Willkommen. Und ich bekomme da immer das Gefühl: Hier ist Platz.
Heute gibt es viel Platz für christliche Meditation
Das liegt sicher auch daran, dass die Kirche fast leer ist. Nur ein Kreis aus Stühlen steht im vorderen Teil. Heilig Kreuz ist heute keine Gemeindekirche mehr, sondern Teil und Herz „des Zentrums für christliche Meditation und Spiritualität“.
Das war früher anders, 1929 wurde die Kirche ja so groß gebaut, weil viele Menschen dort Platz finden wollten. Natürlich gab es Kirchenbänke. Und von jeder Bank aus konnte man den Altar sehen, der war nochmal erhöht, ganz vorne.
Alle Gottesdienstbesucher sollten etwas sehen, nicht nur hören
Das war dem Architekten Martin Weber ein wichtiges Anliegen: Alle, die zum Gottesdienst kommen, sollen auch mitfeiern und etwas sehen können, nicht nur zuhören. Zumal ja viele Texte noch auf Lateinisch waren. Dieses aktive Mitfeiern war damals nicht selbstverständlich, sondern eine neue Perspektive, Teil der sogenannten Liturgiereform.
Vom Kloster ins Frankfurter Architektenbüro gewechselt
Martin Weber war nämlich nicht nur ein Architekt, er war auch ein gläubiger Mensch mit theologischer Bildung. Einige Zeit hat er im fortschrittlichen Benediktinerkloster Maria Laach gelebt. Dort hat er gelernt – und war drauf und dran, dort ins Kloster einzutreten. Am Ende hat er sich dann doch für ein Architektenbüro in Frankfurt entschieden. Für uns ein Glück, denn er hat großartige Kirchen gebaut, zum Beispiel Heilig Kreuz.
Der Altar ist immer näher zu den Menschen gewandert
Und ich glaube, es hätte ihm gefallen, zu sehen, wie mit der Entwicklung der Kirche der Altar immer näher zu den Menschen gewandert ist. Erst auf halber Höhe, und heute ist ein schlichter Altartisch Teil des Stuhlkreises. So können alle, die wollen, sozusagen aus der ersten Reihe den Gottesdienst mitfeiern.
Geborgenheit und Weite kommen hier zusammen
Meinem eigenen Glauben tut diese Kirche gut. Für mich kommen dort Geborgenheit und Weite zusammen, die Möglichkeit, den Glauben zu feiern und immer wieder Anstöße zur Veränderung mitzunehmen. Und ich finde, das passt wunderbar auch zum Neuen Frankfurt.