hr2 ZUSPRUCH
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Ein Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Schlitz-Queck

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„Beleuchter“ des Glaubens

Während meiner Schulzeit habe ich im Orchester mitgespielt. Am Ende jedes Schuljahres gab es das große Schulkonzert. Da konnten wir zeigen, was wir das Jahr über so gelernt haben. 3 Stunden abendfüllendes Programm. Von den schrägen Erstversuchen der 5. Klässler bis hin zu den virtuosen Werken der Oberstufenschüler.

Die Vorbereitung auf das Schulkonzert dauerte ein ganzes Jahr

Das ganze Jahr haben wir uns auf dieses Konzert vorbereitet. Und die Abende waren dann wirklich jedes Mal aufs Neue ein ganz besonderes Erlebnis. Aber immer auch ein immenser Aufwand und Kraftakt, damit am Ende alles so verlief, wie es sollte.

Deshalb gab es neben uns Musikern auch immer noch andere Schüler, die an diesen Konzertabenden mitgewirkt haben. Auch sie haben sich das ganze Jahr in ihrer AG auf diesen einen Abend vorbereitet: Damit die Technik läuft, die Bühne steht, das Licht strahlt. Am Abend selbst trugen sie stolz ihre extra bedruckten T-Shirts. Und wurden, wenn ich ehrlich bin, von uns Musikern immer etwas belächelt. Dabei waren sie wirklich wichtig. Ohne die Bühnenbeleuchtung hätten wir im Dunkeln gestanden. Erst sie brachten uns Musiker so richtig zum Strahlen. Sie waren, so stand es auch auf ihren Shirts, die „Beleuchter“.

Die Bähnenlichttechniker trugen Shirts mit der Aufschrift "Beleuchter"

Rückblickend schüttle ich den Kopf darüber, wie hochnäsig ich damals war. Denn meine Mitschüler hatten damals eine Rolle, die ich heute geradezu vorbildlich finde. Auch ich will ein „Beleuchter“ sein. Ich will damit wahrmachen, was Jesus den Menschen zugesprochen hat:

„Ihr seid das Licht der Welt. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5, 14+16)

Mit meinem Auftreten kann ich andere "erleuchten"

Das heißt: mit meinem Auftreten, mit dem was ich tue und sage, kann ich andere „erleuchten“. Ich erzähle, woran ich glaube, worauf ich hoffe und was meine christlichen Werte sind – und wie die ausstrahlen in die Welt. Diese Botschaft gefällt mir gut. Eigentlich.

Denn oft finde ich das heute gar nicht so einfach. Die christlichen Kirchen verlieren an Bedeutung. Vieles, was früher bekannt war über Glauben und Kirche, ist heute erklärungsbedürftig. Und ich erlebe oft, dass andere mich belächeln, wenn ich offen über meinen Glauben spreche. Das Licht des Glaubens leuchten lassen in der Welt, Beleuchter sein für Gottes Botschaft – das fällt mir dann oft schwer.

Licht sein durch ein Lächeln, ein Besuch oder die Haltung zum Leben

Leichter als darüber reden finde ich deshalb: Meinen Glauben leben. Zeigen, was es heißt: Christin zu sein und nach der christlichen Botschaft zu leben. So schenke ich dem eigensinnigen und oft schlecht gelaunten Mann in meiner Nachbarschaft jeden Tag ein Lächeln. Und ich achte darauf, wie andere Menschen ihren Glauben leben. Ich denke an Moni - die leuchtet, wenn sie mit ihrem Hund die Kinderkrankenstation besucht. Oder Werner - der strahlt aus, wenn er die einsame Frau von Gegenüber mit einem warmen Mittagessen versorgt.

Dabei sind sie ein bisschen wie die Beleuchter damals in der Schule. Sie selbst stehen nicht im Rampenlicht. Aber ohne sie wäre es Dunkel bei uns. Meine Hoffnung: damit werden sie zum Vorbild für andere – wenn auch erst später. Aber nach und nach wird wieder jemand zum „Beleuchter“ – und die ganze Welt heller.