Das Band, das uns zusammenhält
Katharina Trabert hat genug von der ständigen Rede von Spaltung der Gesellschaft. Sie will stattdessen verbinden. Deshalb hat sie ihre Schuhe geschnürt, den Wanderrucksack aufgesetzt und sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Im Gepäck hat sie die Frage: Was verbindet uns als Gesellschaft?
Das Projekt "Das Band"
Katharina Trabert ist Künstlerin. Vor kurzem habe ich von ihr gelesen. Und von ihrem Projekt „Das Band“, mit dem sie sich auf die Suche gemacht hat „nach dem, was uns zusammenhält“.[1]
Dafür ist sie das „Grüne Band“ entlanggewandert. So heißt eines der größten Naturschutzgebiete Deutschlands. Das „Grüne Band“ verläuft entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze und verbindet, wo früher Stacheldraht und Schießanlagen Ost- und Westdeutschland geteilt haben.
Dort ist Katharina entlanggewandert, von Sachsen bis zur Ostsee – fast 1400 Kilometer. Unterwegs ist sie immer wieder stehen geblieben und ins Gespräch gekommen. Allen, denen sie begegnet ist, hat sie ihre Frage gestellt: Was hält uns als Gesellschaft zusammen?
Dranbleiben, nachfragen, zuhören
Die meisten haben abgewunken und gesagt: „Da gibt’s nicht viel. Die Menschen werden immer egoistischer und die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer.“ Aber Katharina hat sich damit nicht zufriedengegeben. Sie ist drangeblieben, hat weiter nachgefragt, zugehört. Und dann haben die Menschen doch erzählt:
Einer sagt: „Sport verbindet. Da kommen viele unterschiedliche Menschen zusammen und kämpfen gemeinsam für ein Ziel.“ Er selbst ist Tanztrainer.
Ein Hotelier sagt: „Es sind die Kinder. Um die kümmern wir uns in unserem Hotel besonders. Denn wenn es den Kindern gut geht, geht es der ganzen Gesellschaft gut.“
Ein Mann meint: „Am wichtigsten ist, dass wir niemals aufhören, miteinander zu reden. Auch dann nicht, wenn es unbequem wird.“
Mein Gegenüber als Mensch wahrnehmen
Diese Erfahrung teilt auch Katharina Trabert. Drei Monate war sie insgesamt unterwegs. Auf ihrer Reise ist sie fast einhundertvierzig Menschen begegnet: jungen und alten, Männern und Frauen, Menschen mit unterschiedlichem Einkommen und Glauben, Bildung und Herkunft.
Sie sagt: „Bei manchen musste ich mich echt überwinden, um sie anzusprechen. Aber dann habe ich meinen Mut zusammengenommen, bewusst alle äußeren Merkmale beiseite geschoben und den anderen einfach als Mensch gesehen. Und als Menschen sind wir einander ähnlicher, als wir denken.“
Das, was uns alle verbindet
Das ist es, was uns als Gesellschaft zusammenhält: Dass wir uns als Menschen sehen. Menschen, die unterschiedlich aussehen und denken. Die aber die gleiche Sehnsucht teilen nach etwas, das verbindet.
Was das ist, hat Katharina Trabert auf ihrer Reise erlebt: In den Begegnungen. Wenn alles außen vor bleibt, wodurch wir uns unterscheiden und es nur um das Menschliche geht: um Sorgen und Freude, Glück und Leid. „Das erlebt der andere genau wie ich“, sagt sie. Darin sind wir als Gesellschaft, als Menschen verbunden.