hr2 ZUSPRUCH
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Friedrich, Michael

Eine Sendung von

Katholischer Diakon in der Pfarrei St. Peter und Paul, Hosenfeld

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Hier wohnt das Glück

Vor dem Brandenburger Tor, um das Schloss Neuschwanstein oder in Rothenburg ob der Tauber sehen wir sie wieder und sind vielleicht sogar selbst einer von Ihnen: Touristen, die die großen Sehenswürdigkeiten Europas oder Deutschlands besuchen. Auf der „Must-See-Liste“ steht meist auch die Wieskirche im bayrischen Pfaffenwinkel. Die Rokoko-Architektur der Wieskirche ist ein Meisterwerk der Kunst und lässt den Besucher in eine andere Welt eintauchen. Die prachtvollen Verzierungen, die kunstvoll gestalteten Deckenmalereien und das einfallende Licht zeugen von der Hingabe und dem Können der damaligen Erbauer und Künstler, insbesondere des Baumeisters Dominikus Zimmermann. Betritt man die Kirche, wird man von diesem Zauber der Ästhetik umfangen und es wundert nicht, dass die Wieskirche seit 40 Jahren zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Doch neben der ästhetischen Schönheit der Architektur gibt es noch eine andere Dimension, die in der Wieskirche erfahrbar wird.

Hier berühren sich Himmel und Erde

Das Gnadenbild des gegeißelten Heilandes in der „Wies“, wie sie vor Ort genannt wird, ist ein Ausdruck für das Leiden und die Erlösung Jesu Christi. Er erinnert mich daran, dass Gott Mensch geworden ist und die Leiden der Welt auf sich genommen hat. Das Gnadenbild ist der Mittelpunkt des Hochaltars und zeigt Jesus, der mit blutenden Wunden, gebeugtem Rücken angekettet an einen Steinpfosten dargestellt wird. Ein Bild, das das die Betrachter unmittelbar mit dem Leid und der Verletzlichkeit des Menschen konfrontiert und im Gegensatz zu der umgebenden Pracht der Wieskirche steht. Die Architektur und das Gnadenbild laden dazu ein, innezuhalten und sich auf das Spirituelle zu besinnen. In der Bibel, genau im Psalm 46, Vers 11 wir zu einer solchen Erfahrung eingeladen: „Lasst ab und erkennt, dass ich Gott bin, erhaben über die Völker, erhaben auf Erden!“ Bei vielen der über eine Million Menschen, die jährlich die „Wies“ besuchen stellt sich das Gefühl „hier berühren sich Himmel und Erde, hier bin ich dem Göttlichen nahe“ ein. Man spürt buchstäblich, hier berühren sich Gott und Mensch.

Spiritualität – auch im Kleinen

Der Besuch an einem solchen Ort, wie der Wieskirche kann daran erinnern, dass Spiritualität nicht nur in den großen Kathedralen und Klöstern zu finden ist, sondern auch überall um uns herum. Es geht darum, offen zu sein für die Gegenwart Gottes in unserem Leben. Das kann dann auch in der Natur, in der Begegnung mit anderen Menschen oder in der Stille unseres eigenen Herzens sein.

Gerade im Urlaub haben wir oft mehr Zeit und Ruhe, um uns auf diese Dimension unseres Lebens, auf das Spirituelle, einzulassen. Es ist eine gute Gelegenheit, um uns von der Hektik des Alltags zu lösen und bewusst zu machen, dass es mehr gibt als nur materielle Dinge. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich für Gott und Spiritualität offen bin, habe ich auch eine tiefere Verbindung zu mir selbst, zu anderen Menschen, zur Welt um mich herum und natürlich zu Gott selbst.

Auf der Homepage der Wieskirche finden wir den Hinweis, dass die Wies ein Stück Himmel auf der leidvollen Erde sei. Das kann ich persönlich uneingeschränkt bestätigen und auch die Erfahrung, des bei der Einweihung zuständigen Abtes: „Hier wohnt das Glück, hier findet das Herz Ruh!“ Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen auch in der aktuellen Urlaubszeit. Die Kirchen und Klöster sind dafür gute Orte.