hr2 ZUSPRUCH
hr2
Lungershausen, Dr. Christine

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Eschborn

00:00
00:00

Die pure Pause

Ich kenne diese Antreiber-Stimmen in mir: "Du arbeitest nicht genug! Das geht doch besser! Na los, mach das!"

Woher kommen diese Stimmen? Ist es mein Großvater, der großen Wert auf Disziplin gelegt hat? Oder meine Freundin, die alles genauer, perfekter und detaillierter haben will als ich?

Ist es die ältere Dame von gegenüber, die eine präzise Vorstellung davon hat, wie ich meine Arbeit machen soll?

Heilsame Selbstbegrenzung

Seit einem halben Jahr arbeite ich beruflich in einem neuen Team. Da gibt es eine Kollegin, die sagt: "Genauso wichtig wie der, der die Arbeit wegschaufelt, ist die, die für die klaren Grenzen eintritt. Diejenige, die schaut, dass es nicht zu viel wird – für alle."

Durch diese Kollegin habe ich eine neue Stimme entdeckt. Inmitten der Antreiber-Stimmen sagt sie: Für ein Team ist nicht nur wichtig, dass man sich gegenseitig anfeuert zu mehr Leistung.

Es braucht auch die Begrenzung der Arbeit. Und dann gilt es, gemeinsam darauf zu schauen, dass das nicht zu Lasten einer einzelnen Person geht.

In Gottes Namen: Ruhe!

Mich erinnert das an den Schöpfungsbericht in der Bibel. Da steht: Nachdem Gott die Welt geschaffen hatte, ruhte er aus. Gott sah auf sein Werk, nahm wahr, was da entstanden ist, lehnte sich zurück und freute sich. Und er gebot den Menschen, ebenso an einem Tag in der Woche die Arbeit ruhen zu lassen.

Arbeiten ist selbstverständlich - Ruhe muss verordnet werden

Ich finde aufschlussreich: Die Ruhe muss extra begründet werden.  Arbeit versteht sich von allein. Dass Gott schöpferisch tätig ist, dass Menschen arbeiten, das ist selbstverständlich. Aber das Ruhen braucht in der Bibel ein Gebot. Es ist offensichtlich schutzbedürftiger.

Ewiger Effizienz-Gedanke

Stimmt ja auch. Ich sage oft: "Ich brauche etwas Pause, um danach besser arbeiten zu können." Also nicht Ruhe um der Ruhe willen, sondern zur Leistungssteigerung. Damit unterwerfe ich die freie Zeit schon wieder dem Gedanken an Effizienz.

In der biblischen Schöpfungsgeschichte macht Gott das anders. Gott schaut nicht auf das, was er nach der Pause als Nächstes machen muss. Gott blickt auf das vergangene Schaffen zurück.

Wahrnehmen, was ich geschafft habe

Die Ruhe dient nicht dem zukünftigen besseren Produzieren. Gott ruht, um die Welt wahrzunehmen, und trägt den Menschen auf: Macht es wie ich! Freut euch an dem, was ist.

Also: Die nächste Pause, die ich mache, versuche ich dafür zu nutzen. Nicht gleich an die nächste Aufgabe denken. Sondern wahrnehmen, was ich geschafft habe, und mich daran freuen.