Klage - Tanzen - Trauer - Freude anziehen
„Du hast mein Klagen umgedreht in Tanzen. Du hast mir die Trauerkleidung ausgezogen. Du hast mir die Freude angezogen.“ So etwas gibt es wirklich manchmal. Der Mensch, der hier betet, scheint selbst ein wenig davon überrascht zu sein. Nicht er selbst hat das gemacht: So, jetzt die Trauerkleider ausziehen und die Freude anziehen, so jetzt nicht mehr klagen, sondern tanzen gehen und gut drauf sein!
Es klingt irgendwie vielmehr danach, als ob dieser Mensch geradezu erstaunt feststellt, dass er oder sie tanzt und sich freut. Es wäre durchaus normal, wenn sie noch trauerte, aber nun spürt sie wieder Lebensfreude, lange war das anders, alles war grau und sinnlos. „Du hast mein Klagen umgedreht in Tanzen. Du hast mir die Trauerkleider ausgezogen. Du hast mir die Freude angezogen.“ Diese Sätze stammen aus Psalm 30 und stehen als Monatsspruch über dem August. Ein Psalm Davids, der eine ganz große Dankesrede ist.
Manchmal gibt es das, dass jemand die Trauerkleider ablegt und zu tanzen beginnt. Ich habe eine Frau vor Augen, die vor gut fünf Jahren ihren Mann verloren hat. Die Kinder sind groß, doch glücklicher Weise sind sie noch in der Nähe. Zwei, drei Jahre hat sie tief getrauert. In der gemeinsamen Wohnung beibt der Kleiderschrank des verstorbenen Lebenspartners noch monatelang genau so, wie er ihn benutzt hatte. Sie konnte sich von keinem seiner Alltagsgegenstände trennen. Das Feuerzeug, obwohl es nicht mehr funktionierte, die Aktentasche, die an der Garderobe hing, die Schuhe im Keller. Die Trauer lastete schwer auf ihr.
Dann trifft sie eines Tages zufällig auf einen Menschen, den sie zuletzt in ihrer Jugend gesehen hat. Sie verstehen sich wieder auf Anhieb und können sich ihre Lebensgeschichten erzählen. Beide haben Trauer erlebt. Im Teilen der Erfahrungen werden sie leichter zu ertragen. Nichts muss vergessen werden, aber es muss auch jetzt nicht alles stehen bleiben, als ob das eigene Leben ohne den Partner auch zu Ende geht.
Manchmal gibt es das: „Du hast mein Klagen umgedreht in Tanzen.“ Die Lebensfreude kehrt wieder. Ein Mensch, eben noch am Ende, lebt auf. Im Psalm heißt es, dass es Gott war, der diese wunderbare Wandlung möglich gemacht hat. Ich glaube, es ist gut, wenn man das so sagen kann. Du, Gott, hast mir die Trauerkleider ausgezogen. Hast mir Freudenkleider angezogen. Du Gott, lässt mich tanzen.
Der Beter aus dem Alten Testament malt Bilder davon ins Herz, wie gut Gott zu uns ist. Ein menschenfreundlicher Gott. Ein Gott, der möchte, dass der Mensch froh ist. Mehr noch: So froh dass er tanzt. Ein Gott, der neue Lebensenergie schenkt. Der den Menschen, der eigentlich gar nicht mehr anders kann, als seinen Verlust zu beklagen, wieder aufrichtet. Plötzlich spürt er, wie die Füße wieder leichter gehen und sich vielleicht sogar gern nach dem Rhythmus von Musik bewegen wollen. „Du hast mir die Freude angezogen.“ Manchmal gibt es das auch im eigenen Leben.