hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin und Professorin für Religionspädagogik, Würzburg

Und wer tot ist, wird ein Stern

Und wer tot ist, wird ein Stern

Es ist eine wundervolle Vorstellung, dass am Ende nicht erloschene Asche bleibt, sondern die Geburt eines Sterns steht. „Und wer tot ist, wird ein Stern.“ Diesen Satz sollte der Schauspieler Dirk Bach in seinem nächsten Theater-Stück in Berlin sagen. Da hatte er die Rolle des kleinen König Dezember angenommen. Nun ist er am 1. Oktober, drei Tage vor der ersten Aufführung, gestorben.  Und das Wort vom Stern wirkt wie für ihn gewählt. Sein Strahlen, mit dem er so viele Menschen zum Lachen gebracht hat, hört nicht einfach auf, sondern geht weiter; er bleibt für viele ein Stern am Himmel der deutschen Schauspiel- und Comedy-Szene.

Die Sehnsucht nach den Sternen weiß etwas von der Weite des Himmels. Ahnt zumindest etwas davon. Wenn Menschen sagen, dass sie nach ihrem Tod zu einem Stern werden, dann höre ich darin: Die Toten sind nicht einfach tot, sondern sie, die mit uns und vor uns gelebt haben, bleiben gegenwärtig. Sie werden verwandelt und bevölkern den Himmel. Schon die Menschen der Bibel dachten, dass Gott die Sterne wichtig sind wie Menschen: „Er zählt die Sterne und nennt sie alle mit Namen.“ (Psalm 147, 4) Was gibt es Schöneres als am Abendhimmel Sterne zu sehen, wie sie glitzern, so weit entfernt und zugleich so hell und klar. Die Faszination dieser weiten Welt da draußen ist groß. Welche Bedeutung hat sie für unser Leben auf der Erde? Die Sterne sind jedenfalls nicht einfach nur am Himmel, sondern Himmel und Erde stehen durchaus in einer Beziehung zueinander. Dabei ist für mich auch zutiefst tröstlich, dass im Himmel viel Platz ist; dass, zeitgemäßer gesagt, das Weltall unendlich ist. „Und wer tot ist, wird ein Stern.“ In diesem Bild steckt dann auch: es gibt Platz für alle, niemand geht verloren.

Dass die Bilder von den Sternen und dem Himmelszelt nicht nur in der Vergangenheit für den Glauben wichtig waren, ist mir deutlich geworden, als ich das Lied eines jungen Mannes, Anfang dreißig, gehört habe. In Philipp Poisels Popsong „Für keine Kohle dieser Welt“ heißt der Refrain:

Für keine Liebe, keinen Reichtum,
für keine Kohle dieser Welt,
für keinen Schatz gäb ich die Freiheit,
gäb ich meinen Platz vorm Himmelszelt.


Der Sänger und Songwriter aus Ludwigsburg ist seit einiger Zeit ganz oben in den deutschen Album-Charts. Dieses Lied „Für keine Kohle dieser Welt“ nimmt mich mit, es überzeugt mich mit der Aussage: für keinen Schatz gäb ich die Freiheit, gäb ich meinen Platz vorm Himmelszelt.“ Für mich heißt das: Auf diesem Platz vorm Himmelszelt, da sieht Poisel ganz klar, dass Himmel und Erde zusammengehören, dass er - später einmal - Gott nah sein wird, dass er nicht mehr vor dem Himmelszelt sitzt, sondern in es hineingehen wird.

Denn, wenn es ans Sterben geht, dann ist doch das Schlimmste, dass ich meinen Platz auf der Erde und bei den Menschen, die mir vertraut sind, verliere. Sicher, man kann auch ohne eine Vorstellung von einem Platz im Himmel auskommen. Doch ich glaube, dass sie mein Leben bereits jetzt verändert. Sie hilft, den Tod noch einmal anders zu sehen. Die Trennung und die Isolierung von der Welt und dem Leben verliert das Bedrohliche „Und wer tot ist, wird ein Stern“. Das ist ein starkes Bild dafür, dass niemand verloren geht, dass niemandes Leuchten einfach verglüht. Sondern dass der Tod der Beginn einer großen Verwandlung ist.