„Sind die Hühner eingesperrt?“
„Sind die Hühner eingesperrt?“ Diese Frage wird bei uns täglich gestellt. Es ist fast eine Redewendung. Die hat auch ihren Sinn. Wir leben schon seit Jahren auf einem Bauernhof und halten eine Anzahl von Tieren. Neben Ziegen, Schafen und Schweinen gibt es auch eine Hühnerschar. Die muss abends in den Stall gesperrt werden; sonst holt sie der Fuchs. Das haben wir im letzten Jahr erst erlebt. Einmal hatten wir vergessen, den Stall zu verschließen und schon war der Fuchs in der Nacht da und hat alle sechzehn Hühner getötet. Die Leute im Dorf, die noch Hühner oder Enten halten, haben das alle hinter sich. Da ist so eine Frage: „Sind die Hühner schon eingesperrt?“ wie eine Regel für das Überleben der Hühner. Befolgen wir diese Regel, dann kann der Fuchs seinen Tötungsinstinkt nicht ausüben.
Solche einfachen und klaren Regeln brauchen wir im alltäglichen Leben. Vor einer roten Ampel bleibt man stehen. Befolgt man diese Regel nicht, dann droht ein Unfall. Bei uns im Dorf ist eine ungeschriebene Regel, dass Menschen sich grüßen, wenn sie sich auf der Straße begegnen. „Man bietet dem anderen die Zeit“, nennen das die Leute. Man sagt: Guten Morgen, Karl oder die Kinder rufen: „Hallo Ulf!“ Es ist nur ein Augenblick, den man sich Zeit nimmt, den Nachbarn oder einen anderen Menschen, den man kennt, wahrzunehmen und ihm das auch zu zeigen. Wird diese Regel befolgt, stärkt das die Dorfgemeinschaft. Wenn wir uns nicht mehr gegenseitig wahrnehmen und grüßen, dann laufen wir irgendwann aneinander vorbei und die Gemeinschaft im Dorf fällt auseinander. Das wäre schade. Mindestens im Dorf braucht man das Gefühl, zusammenzugehören, eine Gemeinschaft zu sein, in der jeder seinen Platz hat.
Regeln, Verhaltensweisen, die das Leben fördern, haben Menschen zu allen Zeiten gehabt. Wenn sie die befolgten, sind sie gut damit gefahren. Ein paar uralte Regeln stehen in der Bibel. Wir nennen sie die zehn Gebote. Vor über dreitausend Jahren sind sie aufgeschrieben worden, in der hebräischen Bibel überliefert und in die christlichen Glaubensbücher gekommen. Meistens werden sie in der Verbotsform zitiert; Du sollst nicht töten; Du sollst nicht stehlen; Du sollst nicht lügen: Du sollst nicht neidisch sein usw.
Ursprünglich waren die zehn Gebote etwas anders formuliert. Aus der hebräischen Sprache übersetzt heißt es exakt: Du wirst nicht töten, du wirst nicht lügen usw. Wenn du nämlich das erste Gebot anerkennst, dann wirst du auch die anderen befolgen. Das erste Gebot lautet: Gott spricht: Ich bin der Herr des Lebens und nicht ein einzelner Mensch wie wichtig er sich auch vorkommen mag. Wenn Du diese höchste Autorität Gottes für Dein Leben anerkennst, dann hast Du es nicht mehr nötig, andere zu beneiden, nach ihrem Hab und Gut oder gar ihrem Leben zu trachten. Die zehn Gebote sind ganz verständliche klare Regeln. Wer sie verletzt, zerstört damit auch viel.
Ein Theologe unserer Zeit hat die zehn Gebote einmal die zehn großen Freiheiten genannt. Er meinte: Wenn wir diese Lebensregeln befolgen, werden wir frei für ein beschütztes und gelingendes Leben miteinander.