Scheitern gehört dazu...
Gott ist ein großer Künstler. Jedenfalls wird er so gleich am Anfang der Bibel beschrieben. Gott formt wie ein Töpfer aus dem feuchten Lehm der Erde ein neues und einzigartiges Wesen, den Menschen. Gott gestaltet auch den Lebensraum des Menschen und gibt ihm eine Aufgabe.
Aber Gott stellt fest: es fehlt noch etwas. Und er bekommt eine Idee davon, wie schön es sein würde, wenn der Mensch in Gemeinschaft wäre.
Aber bis es zu der Erschaffung des zweiten Menschen kommt, ist es noch ein weiter Weg.
Ich stelle es mir mal so vor (1):
Gott beobachtet seinen Menschen, wie er zwischen den Bäumen umherzieht, sich hier und dort eine Frucht nimmt, und es vergeht eine kleine Weile. Und Gott stellt fest, sein Mensch ist manchmal melancholisch. Manchmal scheint er einsam zu sein und Gott vermisst sein Lachen und seine gute Laune. Er stellt fest: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, ich will ihm eine Hilfe machen, die um ihn sei.“ Und Gott nimmt wieder etwas vom Lehm des Erdbodens und formt ein neues Wesen. Stolz bringt Gott dieses neue Wesen zu seinem Menschen: „Schau mal, ist das nicht ein unterhaltsames Ding? Was meinst du?“ Und sein Mensch ist tatsächlich sehr angetan von dem kleinen Wesen mit buschigem Schwanz. Mit einem irren Tempo springt es durch die Bäume, mit kleinen, zierlichen Fingern hält es die Nuss, die es gerade gefunden hat. Wirklich niedlich. Aber leider so scheu und sehr hektisch. Es scheint sich nicht sehr für den Menschen zu interessieren.
Und so formt Gott erneut vom Erdboden des Feldes. Ein Tier mit Kraft und voller Schönheit. Seine langen Haare fliegen im Wind, wenn es mit weit ausholenden Hufen über die Steppe rennt.
„Das wird eine Freude für den Menschen, gemeinsam mit diesem Tier neue Horizonte zu erschließen. Fast wie eins werden sie sein, wenn der Mensch auf seinem Rücken sitzt.“ Und der Mensch ist begeistert. Doch - da fehlt noch was.
Und Gott legt los, langohrige, kuschelige Pelztiere, atemberaubende, fauchende Großkatzen, quergestreifte, gepunktete, gefleckte, lang- oder kurzbeinige, mit oder ohne Haaren, Pfoten, Hufen, Tatzen, Saugnäpfen... Das ganze Programm. Gott staunt selbst über seinen Ideenreichtum.
Allen Tieren gibt der Mensch einen Namen. Jedes hat seine Besonderheit, das erkennt er wohl. Und doch, Gott muss einsehen, sein Ziel, dem Menschen eine echte Hilfe zu schaffen, das hat er noch nicht erreicht.
Da lässt Gott den Menschen in einen geheimnisvollen Schlaf fallen, und dem Blick des Menschen entzogen, entsteht ein zweiter Mensch, der wirklich gut zu ihm passt und den er nun endlich als passendes Gegenüber erkennt.
Mir gefällt es, die biblische Geschichte von der Erschaffung der Tiere und Menschen als einen Prozess wahrzunehmen, und ihn mit meiner Phantasie weiter auszumalen. Es ist ein langer Prozess, bis die Bibel uns berichtet, dass Adam seine Frau erkennt. Ich stelle mir Gott vor als einen, der Schritt für Schritt sein Ziel verfolgt und sich nicht entmutigen lässt, bis es ihm gelungen ist. Ich stelle ihn mir vor als einen, der auf seinen großen Ideenreichtum vertraut, und der auch würdigt, was während des Prozesses entsteht.
Wenn ich von Gott so denken kann, dann kann ich auch mir selbst gegenüber barmherziger werden, wenn etwas nicht sofort gelingt. Eigene Ideen umzusetzen und neue Ziele zu erreichen, das braucht Zeit und Geduld. Und manchmal entdecke ich gerade auf Umwegen etwas, das mein Leben reicher macht.