Scheitern!?
Es war wie ein Donnerschlag, als ich mir eingestehen musste, dass es nicht mehr klappen würde. Mehrere Jahre hatte ich an einem Forschungsprojekt gearbeitet. Dann lief meine Stelle an der Universität aus, und meine Arbeit war nicht fertig.
„Du hast es nicht geschafft!“, habe ich zu mir gesagt. „Du hast versagt!“ So hat es sich angefühlt.
Ich zog eine vernichtende Bilanz nach all der aufwendigen Arbeit, die mich vorher doch interessiert und die mir oft auch Spaß gemacht hatte. Nichts war von der Neugier und der positiven Forschungsenergie geblieben. Ich war nur noch unzufrieden und enttäuscht von mir selbst. Das war vor drei Jahren. Meine Stelle an der Universität konnte damals nicht verlängert werden. Dann fing ich in einem ganz anderen Bereich an zu arbeiten, und meine unfertige Arbeit blieb liegen. Das Gefühl eines gescheiterten Projekts begleitete mich lange Zeit, raubte mir viel Kraft und machte mir schlechte Laune, wann immer ich daran dachte.
Eine Freundin sagte mir damals, dass ich doch nicht so niedergeschlagen sein sollte. Sie könne meine Enttäuschung verstehen, aber manchmal sei das eben so im Leben. Nicht alle Projekte sind erfolgreich, nicht alle Herausforderungen werden gemeistert und nicht alles wird mit Bravour fertig gestellt. Und das Leben? Es geht trotzdem weiter.
„Wenn dir deine Forschung wirklich wichtig ist“, fügte sie hinzu, „dann wird sich bestimmt noch einmal eine Gelegenheit finden, die Arbeit fertig zu schreiben.“ Meine Freundin gab mir damals auf einer Karte einen Bibelvers mit auf den Weg: „Denn wir haben Anteil an Christus, wenn wir die Zuversicht vom Anfang bis Ende festhalten (Hebr. 3,14). Erst habe ich den Vers beiseite geschoben. Ich war eben nicht zuversichtlich, Ende der Durchsage. Aber dann holte ich den Vers wieder hervor und pinnte ihn über meinen Schreibtisch. Da stand nichts von Leistung geschrieben, von Erfolg, Ruhm oder Ehre. Ich sollte nur die Zuversicht festhalten und nicht los lassen. Denn sie ermöglichte es mir, ein Teil von Jesus Christus zu werden. Und teilzuhaben daran, dass er mich ermutigt und mir gut zuspricht. Da verstand ich, was der Bibelvers mit meinem Leben zu tun hatte: Nicht Erfolg machte mich zum Teil der christlichen Gemeinschaft, sondern Gelassenheit und Zuversicht, die mir entgegen gebracht wurde und die ich vielleicht irgendwann selbst wieder ausstrahlen konnte.
Im letzten Jahr kam dann die Gelegenheit. Ich konnte eine dreimonatige Studienzeit für meine liegen gebliebene Arbeit nutzen. „Entweder ich schaffe es, oder ich beerdige das gesamte Projekt, damit ich es endlich loslassen kann.“ Das war der Vertrag, den ich mit mir selbst geschlossen hatte. Ich verbrachte Tage in der Bibliothek damit, meine liegen gebliebenen Kapitel zu lesen, mich zu erinnern und auszuwählen, was ich brauchbar fand und was nicht. Ich machte mir einen Zeitplan und stürzte mich in die Arbeit. Nach anfänglichen Mühen brachte mir die Arbeit sogar wieder Spaß, und ich machte Fortschritte. Es folgten Höhen und Tiefen, spannende Entdeckungen, gute und schlechte Tage, aber am Ende der drei Monate war ich mit der Arbeit tatsächlich so gut wie fertig. Mittlerweile ist die Arbeit Korrektur gelesen und endgültig abgegeben. Ich bin erleichtert und glücklich darüber.
Nun denke ich noch einmal zurück: Als es mir schlecht ging, war mir viel Zuversicht entgegengebracht worden, und ich hielt sie fest. Irgendwie. Nun kann ich selbst wieder zuversichtlich sein und diese Zuversicht an andere weiter geben. Dafür bin ich dankbar.