hr2 ZUSPRUCH
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Tönges-Braungart, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Bad Homburg

Pflug

Pflug

„Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ (Lukas 9, 62) Dieses Wort Jesu begleitet als Wochenspruch viele Christen durch die kommende Woche.

Nicht mehr lange, dann beginnen die Bauern wieder ihre Äcker zu pflügen. Und ganz gleich, ob man es heute mit einem PS-starken Traktor tut oder damals zurzeit Jesu vielleicht mit einem Ochsen – es kommt darauf an, gerade Furchen zu ziehen. Und das gelingt nur, wenn man nach vorne schaut, einen Punkt mit den Augen fixiert und dann beim Pflügen drauf zu hält. Dreht man sich dabei um, verreißt man schnell das Lenkrad – oder eben die Ochsen ziehen den Pflug dort hin, wo es ihnen gefällt.

Nach vorne schauen – das ist die Devise beim Pflügen. Ist das auch die richtige Devise fürs Leben?

Wir müssen jetzt nach vorne schauen! Diesen Satz hört man oft, z.B. wenn ein Schlussstrich unter eine unangenehme Affäre in der Politik gezogen werden soll; wenn nicht weiter nachgefragt und nachgeforscht werden soll. Vergessen wir, was gewesen ist. Lassen wir Vergangenes ruhen. Wir müssen jetzt nach vorne schauen! Und nicht selten beschleicht uns dann das Gefühl: Da soll etwas vertuscht werden! Da will man die Wahrheit vernebeln.

Zurück schauen oder immer nur nach vorne? Ich denke, das kommt auf die Situation an. Und der Satz Jesu ist keine Devise für alle Lebenslagen. Damals, so berichtet der Evangelist Lukas, kam einer zu Jesus und sagte: „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst! Aber vorher möchte ich mich gerne noch von meiner Familie verabschieden.“ Jesus hatte ihn gar nicht gefragt worden, ob er mit ihm kommen wolle. Der Mann kam von sich aus. Und sagte gleich: „Ja, aber…“ Nichts gegen einen ordentlichen Abschied von der Familie. Aber wenn er sich wirklich schon entschieden hatte, Jesus zu folgen – hätte er nicht vorher Abschied nehmen können? Oder wollte er doch nicht so richtig? Was war für ihn jetzt dran – bleiben oder gehen?

Wenn du mit mir kommen willst, dann komm, sagt Jesus. Und dann schau nach vorne auf dein Ziel und verlier es nicht aus den Augen. Oder um im Bild vom Bauern auf dem Acker zu bleiben: Wenn’s dran ist, ein neues Feld zu pflügen, dann leg die Hand an den Pflug und schau nicht zurück.

Auch für einen Bauern ist nicht immer das Pflügen dran. Es gibt Zeiten zu arbeiten und andere Zeiten, auszuruhen und abzuwarten und auch zurückzuschauen. Es kommt drauf an zu erkennen, was gerade dran ist.

Darum möchte ich Gott bitten: Um das richtige Gespür dafür, was wann dran ist in meinem Leben. Innehalten und zurückschauen – oder ein neues Feld pflügen.