Mein neues Passwort heisst SDG - zum Todestag von Johann Sebastian Bach
Seit geraumer Zeit bestimmen eine ganze Reihe von Passwörtern mein Leben. Da gibt es eins, das ich nutze, wenn ich im Büro meinen Computer starte, eins brauche ich, um im Supermarkt mit Karte zu bezahlen, eins um mein Handy hochzufahren. Seit heute habe ich eins in Gebrauch, das eröffnet mir den Zugang zu einer ganz anderen Sache. Dieses Passwort eröffnet mir, dass ich mitten in meiner Welt Gott wahrnehmen kann. Es lautet S.D.G.
Man merkt es gleich. Sicherheitstechnisch ist das nicht ganz perfekt. Das Passwort hat zu wenig Zeichen, außerdem nur Buchstaben, keine Zahlen. Aber diese drei Buchstaben haben es in sich. S.D.G. das steht für Soli Deo Gloria. Zu deutsch: Allein zur Ehre Gottes. Johann Sebastian Bach schrieb es unter seine Notenmanuskripte. Heute ist sein Todestag. Vor genau 262 Jahren, am 28. Juli 1750, ist Bach gestorben.
S.D.G. - Soli Deo Gloria unter die eigenen Werke zu schreiben, das klingt aufs erste Hören nach einem frommen Schlusssatz von einem frommen Musiker. So kann man das sehen. Aber das ist nicht alles. Schaut man etwas genauer hin, wird aus diesen drei Buchstaben S.D.G. mehr als fromme Verzierung. Johann Sebastian Bach war sein ganzes Leben lang immer von der Gunst der politischen und geistlichen Herren abhängig. Fürstenhäuser stellten ihn an oder lehnten seine Anstellung ab. Ratsherren befanden über seine Kunst und legten sein Einkommen fest. Sie wollten sich einen Kantor oder Organisten halten, der zu ihrem Ansehen und zu ihrer Ehre musizierte. Man schmückte sich mit ihm, man erteilte ihm Aufträge, man ließ ihn spüren, wem er sein tägliches Brot zu verdanken hatte, ob nun als Hofkapellmeister, Hoforganist oder schließlich als Thomaskantor und so genannter königlicher Hofkompositeur.
S. D. G. – Soli Deo Gloria - „Allein Gott zur Ehre!“ – diese drei Wörter ziehen für mich mitten im Leben eine andere Dimension auf. Sie sind wie eine Rückfrage an mein eigenes Leben. Allein zur Ehre Gottes, das heißt doch mal mindestens, dass Bach das, womit er sein Geld verdient hat, nicht einfach nur als Mittel zum Zweck des Überlebens gesehen hat. Und das gilt in unserem Kulturkreis heute für die meisten Menschen, egal ob sie eher zuhause, ob sie ehrenamtlich arbeiten, ob sie selbstständig sind oder als Angestellte irgendwo arbeiten. Wer arbeitet, identifiziert sich irgendwie mit dieser Arbeit. Das heißt, in dieser Arbeit steckt mehr als ein Produkt so gemeinhin ausstrahlt. In dieser Arbeit steckt mehr, als man so leicht ausdrücken kann. Und bei Bach wird dies ja nun besonders deutlich. Er hat nicht nur Noten zusammengestellt zu einer Melodie. Er hat uns Musik hinterlassen, die die Seele zum Schwingen bringt.
Ich denke an die Air Suite Nr. 3, wie leicht, wie gelassen sie einen zu machen vermag. Oder ich denke an Kantaten, die Tränen lösen. In den Tränen durchlebe ich dann noch einmal eine bestimmte Situation, aber danach habe ich irgendwie mehr Abstand gefunden. Und das ist für mich das zentrale an der christlichen Religion: sie hilft von manchem Abstand zu finden. Und das tut gut. Insofern: S. D.G., das ist der Code zur Ehre Gottes und zum Wohlgefallen der Menschen.