Mehr Licht
Heute vor 180 Jahren starb er. Am 22. März 1832. 82-jährig. In Weimar. Einer der großen Dichter und Denker unseres Landes: Johann Wolfgang von Goethe. Goethe hatte sich eine schwere Infektion der Atemwege zugezogen. Wohl auch eine Lungenentzündung. Dr. Carl Vogel, herzoglicher Leibarzt zu Weimar, weiß zu berichten: „Um halb zwölf Uhr mittags drückte sich der Sterbende bequem in die linke Ecke des Lehnstuhls, und es währte lange, ehe den Umstehenden einleuchten wollte, dass Goethe ihnen entrissen sey.“Ein friedliches Sterben scheint es gewesen zu sein. Ein gnädiger Tod. Goethe starb im Lehnstuhl neben seinem Bett sitzend. Im Beisein vertrauter Menschen. Auch ‚letzte Worte‘ sind überliefert. Allerdings unbestätigt von Dr. Vogel: „Die Sprache wurde immer mühsamer und undeutlicher. „Mehr Licht" sollen, während ich das Sterbezimmer auf einen Moment verlassen hatte, die letzten Worte des Mannes gewesen seyn, dem Finsterniss in jeder Beziehung stets verhasst war.“
„Mehr Licht“. Ist das Sehnsucht? Oder ist eine Erkenntnis herauszuhören? „Mehr Licht“. Alles Hineininterpretieren in diese beiden nicht wirklich belegten letzten Worte ist spekulativ. Die hessische Lesart der mutmaßlichen letzten Worte Goethe karikiert alle Spekulation. Goethe habe demnach auf Frankfurterisch sagen wollen: „Mer lischt des Kisse schief“, konnte seinen Satz aber nicht mehr beenden. In letzte Worte großer Männer wird gern Sinnhaftes hineingelegt oder heraus gedeutet. ‚Mehr Licht‘. Schön, wenn es am Ende des Lebens hell würde. Wenn das Sterben ein Weg ins Licht wäre.
„Das ist es! Das könnt ihr glauben.“ Sehr überzeugt, und für meine Studierenden sehr authentisch war das das Schlusswort unseres Referenten. Um Nahtoderfahrungen ging es. Wir hatten den 72-jährigen Ingenieur eingeladen, weil er aus eigener Erfahrung berichten kann. Wie das war. Diese Nahtoderfahrung. Aus der Literatur hatten wir einiges erfahren und im Unterricht besprochen. Jetzt hörte die Fachschulklasse gebannt zu, was unser Gast berichtete. Wie er sich auf dem OP-Tisch liegen sah, wie er aus seinem Körper austrat, durch den Tunnel musste, sein Leben wie im Film sah – und immer wieder dieses unglaubliche Licht. „Das ist einfach unbeschreiblich schön. Deshalb braucht ihr keine Angst zu haben vor dem, was da kommt“ so seine Ermutigung an die Klasse. „Lebt euer Leben fröhlich und wisst, dass ihr das Licht vor euch habt. Und das ist einfach nur schön.“
Er hätte auch mit Goethe sagen können: „Mich lässt der Gedanke an den Tod in völliger Ruhe. Ist es doch so wie mit der Sonne: Wir sehen sie am Horizont untergehen, aber wissen, dass sie "drüben" weiter scheint.“