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Tönges-Braungart, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Bad Homburg

Frauentag

Frauentag

Seit 1921 wird heute am 8. März der Internationale Frauentag, heute auch kurz „Weltfrauentag“, einst von Rosa Luxemburg angeregt, in vielen Ländern begangen. Die Nazis haben ihn verboten und stattdessen den Muttertag ideologisch besetzt. In der DDR wurde er feierlich begangen und geriet im Laufe der Jahre doch in Gefahr, eine Art „sozialistischer Muttertag“ zu werden. Die symbolische Gesten an diesem Tag und die kleinen Geschenke an Frauen, vor allem an Mütter, drohten die politische Frage nach den Frauenrechten und der Lebenswirklichkeit von Frauen mehr und mehr in den Hintergrund zu drängen. Bis heute ist es in vielen Betrieben in den neuen Bundesländern üblich, dass Chefs ihren Mitarbeiterinnen am 8. März eine Blume – meist eine Rose – zum Frauentag schenken und ihnen dazu gratulieren.

So richtig in unser Bewusstsein ist dieser Tag doch nicht gedrungen. Vielleicht gibt’s inzwischen ja auch zu viele unterschiedliche Gedenk- und Feiertage. Und obendrein findet er auch unter den für ihre Rechte engagierten Frauen nicht nur Befürworterinnen. So hat Alice Schwarzer 2010 gefordert: „Schaffen wir ihn […] endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer.“

Ob wir den 8. März nun als Weltfrauentag brauchen oder nicht – das Thema gleicher Rechte für Frauen und Männer ist bis heute aktuell. Und auch in einer Gesellschaft wie unserer, in der die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern weitestgehend gegeben ist, sieht es in der Realität oft noch anders aus. Haben Frauen wirklich dieselben beruflichen Aufstiegschancen wie Männer – auch dann, wenn sie Kinder haben wollen? Bis heute werden nicht alle Frauen überall genauso bezahlt wie Männer, wenn sie dieselbe Arbeit verrichten. Und wie sieht es mit dem Anteil von Frauen in Führungspositionen aus? Auch in der evangelischen Kirche ist das Bild da durchwachsen. Zwar gibt es in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau drei Pröpstinnen und drei Pröpste, eine Ebene darunter aber ist die Zahl der Dekaninnen klein gegenüber dem Frauenanteil an der Pfarrerschaft.

Aber es geht auch andersherum. Männer in KiTas – heißt ein bundesweites Programm, an dem sich auch die Evangelische Kirche beteiligt. Da geht es nicht nur darum, den Anteil männlicher Fachkräfte in Kindertagesstätten zu steigern, sondern auch das Engagement der Väter in diesen Einrichtungen zu verbessern, frei nach dem Motto: Kindererziehung ist nicht nur Frauensache.

Ob wir nun einen Weltfrauentag brauchen, um für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in allen Lebensbereichen einzutreten – diese Frage mag jeder und jede für sich beantworten. Wichtig ist, dass wir am Thema dran bleiben. Oder um’s mit Alice Schwarzer zu sagen, dass wir 365 Tage im Jahr für Menschen haben, für Frauen und Männer.