hr2 ZUSPRUCH
hr2

Eine Sendung von

Pastorin im Bund evangelisch-freikirchlicher Gemeinden, Marburg

Einer kam zurück ...

Einer kam zurück ...

Das Neue Testament erzählt, wie Jesus einmal zehn Kranke in einem Dorf heilte. Alle zehn wurden gesund. Nur einer kam zurück und lobte Gott. Jesus wunderte sich. „Wo sind die übrigen neun?“, hat er gefragt. Ich habe eine Vermutung, warum die Neun sich schwer getan haben, sich Zeit zu nehmen, sich so richtig zu freuen. Womöglich ging es ihnen ähnlich wie einer Menge Menschen heute: Sie sind sehr pflichtbezogen. Es geht in ihrem Leben vor allem um Aufgaben und Verpflichtungen. Das einzubringen, was andere von ihnen erwarten. Wenn mich etwas beeinträchtigt, zum Beispiel, wenn ich Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen bekomme, dann nehme ich eine Tablette und kann weitermachen wie bisher. Zuverlässig zu sein, hat einen hohen Stellenwert in unserem Zusammenleben. Das hat ja auch viel Gutes.

Aber etwas fehlt dann. Es bleibt nicht so viel Zeit für die Freude. Ich glaube, die neun, die nicht zurückgekehrt sind, um sich zu bedanken, waren einfach froh, dass sie wieder weitermachen konnten wie bisher. Schnell zurück in die alten Aufgaben - zum Glück bin ich wieder der Alte. Sie nahmen sich nicht die Zeit, um sich daran zu freuen, dass es ihnen wieder besser geht. Sie waren zu schnell abgelenkt von ihren alten Pflichten, um festzustellen, wem sie eigentlich ihre Besserung verdankten.

Bei einem war es anders: Als er merkte, dass er gesund geworden wahr, rannte er nicht weiter, sondern schaute einen Moment zurück. Er hielt inne, und da spürte er die Freude. Und er nahm sich Zeit, dieser Freude Ausdruck zu verleihen. Er lief zurück zu Jesus, bedankte sich und lobte Gott. Es war wie ein kleines Fest.

Ich sehe das Danke-sagen nicht als zusätzliche Pflicht an. Denn einfach noch eine weitere Pflicht zu erfüllen, würde nicht wirklich etwas für mich verändern. Aber wenn ich es mir gönne, innezuhalten und mich zu freuen, dann bereichert es das Leben. Dann kann ich spüren, was wirklich wertvoll ist, worüber ich froh und dankbar bin. Mir tut es gut, diese Freude auf meinen Schöpfer zu beziehen, der mir mein Leben schenkt und erhält. Und das sage ich ihm dann auch gerne.