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Der Berg der Verklärung - himmlisches Licht

Der Berg der Verklärung - himmlisches Licht

Neben seiner alten evangelischen Kapelle beherbergt unser Dorf an der Lahn seit rund zwanzig Jahren auch eine Skite. Das ist ein kleines orthodoxes Kloster. Bald entstanden freundschaftliche ökumenische Kontakte. Ich habe mich näher mit dem Leben und der Spiritualität der östlichen Kirchen beschäftigt. Dabei stieß ich unter anderem auf die große Bedeutung des Lichtes für die orthodoxe Frömmigkeit. Mit Worten des Schriftstellers Peter Høeg: „Die Ostkirche ist die hellste. Das Gewicht liegt nicht auf dem Leiden des Erlösers. Es liegt auf der Verklärung. Der Auferstehung. Der Heiligung in diesem Leben.“ * Aus diesem Grund haben die orthodoxen Kirchen einen Feiertag, den Protestanten nicht kennen, das Fest der Verklärung Jesu. In diesem Jahr wurde es vor drei Wochen gefeiert.

Dem Fest liegt eine biblische Erzählung zugrunde (Matth. 17,1-9). Da bestieg Jesus einen hohen Berg. In seiner Begleitung befanden sich die drei wichtigsten seiner Jünger: Petrus, Jakobus und Johannes. Auf dem Gipfel geschah Folgendes: Jesus „wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia und redeten mit ihm.“ Mose, der Anführer ins Gelobte Land, und der streitbare Pro-phet Elia sind für den Gottesglauben Israels die wichtigsten Personen. Ihnen ist die Reinheit des Glaubens an den einen, den unsichtbaren Gott ganz wesentlich zu verdanken. Und nun wurde Jesus offenbar als Dritter in diesen Bund aufgenommen.

Petrus war hingerissen. „Herr, hier ist gut sein!“ sagte er zu Jesus und schlug vor, drei Hütten zu bauen, je eine für Mose, Elia und Jesus. Doch „als er noch so sprach, überschattete sie eine lichte Wolke. Und eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Den sollt ihr hören.“ Die drei Jün-ger waren furchtbar erschrocken. Nach der Lichterscheinung nun auch noch eine himmlische Stimme! Sie fielen zu Boden, doch Jesus richtete sie wieder auf. Danach folgten sie ihm auf seinem Weg zu den Menschen und verließen den Berg.

Das ist zweifellos eine sehr mystische Erzählung. Mir ist das Leuchten wichtig, das von ihr ausgeht. Beginnt doch auch die Schöpfungsgeschichte mit den Worten „Es werde Licht.“  Im Kleinen wiederholt sich das Tag für Tag. Denn immer wieder begrüßt uns nach dunkler Nacht das helle Tageslicht. Darüber hinaus müssen viele Menschen erfahren, wie ein bitteres Schicksal ihr Leben verfinstert. Doch eines Tages sehen sie das berühmte ‚Licht am Ende des Tunnels‘. Und können aufatmen. Das lebenspendende Licht wird in vielen Chorälen besungen; vor allem in den Morgenliedern. Mein persönliches Lieblingslied singt vom „Morgenglanz der Ewigkeit“: „Morgenglanz der Ewigkeit, / Licht vom unerschaffnen Lichte, schick uns diese Morgenzeit / deine Strahlen zu Gesichte / und vertreib durch deine Macht / unsre Nacht.“ (EG 450,1)

* Peter Høeg, Das stille Mädchen, S.295