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Berg Nebo - alt und lebenssatt

Berg Nebo - alt und lebenssatt

Was bringt uns die Zukunft? Technische Neuerungen kommen immer schneller auf den Markt; politische Entwicklungen in der globalen Welt verändern die gewohnten Horizonte. Von älteren Menschen kann man gelegentlich den Stoßseufzer hören: „Gut, dass ich das nicht mehr erleben muss.“ Das ist durchaus nachvollziehbar. Andere aber sehen die Zukunft positiv, auch wenn sie sie nicht mehr erleben werden. Ihr Lebenswerk ist getan; nun können die Jüngeren daran anknüpfen. Ein prominentes biblisches Beispiel dafür bildet die Gestalt des Mose.

Vierzig lange Jahre hatte er das Volk geführt. Bis an die Grenze des Gelobten Lan-des. Die ägyptische Sklaverei war bereits Geschichte geworden. Vor der schicksalhaften Überquerung des Jordan legten sie noch einmal eine Rast ein. Mose aber bestieg noch einmal einen Berg, den Berg Nebo. Vor Jahrzehnten hatte er auf dem Gipfel des Sinai-Berges die beiden Tafeln mit den Zehn Geboten erhalten. Was würde nun geschehen? Auf der Höhe, so berichtet die Erzählung, begegnete er ein letztes Mal dem Herrn, seinem Gott. (5. Mose 34,1-7) Und dabei geschah etwas sehr Anrührendes.

Der Herr zeigte ihm das ganze Land jenseits des Jordan „und sprach zu ihm: Dies ist das Land, von dem ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe: Ich will es deinen Nachkommen geben. Du hast es mit deinen Augen gesehen, aber du sollst nicht hinübergehen.“ Moses Lebensaufgabe ist erfüllt. Alle Sorgen um die Zukunft, die ungeheure Last der Verantwortung für das Volk – Gott nimmt sie ihm aus der Hand. Es ist genug. Daraufhin, heißt es, sei Mose in Frieden gestorben und an unbekannter Stelle begraben worden. Die Erzählung schließt mit den Worten: „Mose war hundertzwanzig Jahre alt, als er starb. Seine Augen waren nicht schwach geworden, und seine Kraft war nicht verfallen.“

Je älter ich werde, umso mehr berührt mich diese Geschichte. Zwar rechne ich nicht mit dem sogenannten biblischen Alter von hundertzwanzig Jahren. Das wäre wohl trotz allem Fortschritt der Medizin nicht besonderes wünschenswert. Solche Zahlen nutzten die biblischen Erzähler, um die ganz besondere Bedeutung der Patriarchen in der heroischen Frühzeit herauszustellen. Aber so wie Mose mit innerem Frieden und wachen Geistes Abschied von der Lebensaufgabe nehmen zu können und alles Weitere den nächsten Generationen zu überlassen, - das wäre wunderbar.

Dann gilt, was ein alter Choralvers besingt: „Mein‘ Zeit ist nun vollendet, / der Tod das Leben endet, / Sterben ist mein Gewinn; / kein Bleiben ist auf Erden, / das Ewge muss mir werden, / mit Fried und Freud ich fahr dahin.“ (EG 521,2) - Nun gut, das ist Zukunftsmusik. Doch, so schwer es manchmal  auch sein mag, es gehört wohl zur Lebenskunst, die persönliche Zukunft voll Gottvertrauen zu erwarten.