Anhalten und nach dem Weg fragen
„Jetzt halte doch bitte mal kurz an und frag jemanden!“ Sie sitzt auf dem Beifahrersitz, er hinterm Steuer. Doch er fährt weiter. Jede Möglichkeit, um nach dem Weg zu fragen, ignoriert er konsequent: „Ach das find ich gleich – muss ja irgendwo hier sein…!“
Möglicherweise haben Sie selbst schon in diesem Wagen gesessen. Auf dem Fahrer- oder auf dem Beifahrersitz, je nachdem. Nach dem Weg fragen, das fällt offensichtlich Männern besonders schwer. Warum, weiß ich nicht genau, vielleicht fühlen sie sich für die richtige Orientierung zuständig. Und zugeben, dass man die allein nicht findet, könnte als Schwäche ausgelegt werden. Denn schließlich bedeutet „nach dem Weg fragen“ zum einen, sich eingestehen zu müssen, dass man sich seines Weges nicht ganz sicher ist. Und zum anderen kann es heißen, dass man sogar umkehren muss. Also: lieber nicht anhalten, einfach weiterfahren, weitermachen wie bisher: „Wäre doch gelacht…!“ Im Auto bedeutet das meist dicke Luft und eine Viertelstunde Verspätung. Und sonst? Fällt es Mann oder Frau sonst leichter, anzuhalten und nach dem Weg zu fragen?
Ich meine, es ist gar nicht so schwer, nach dem Weg zu fragen, wenn man das Ziel kennt. Viel schwieriger ist es, auf dem Weg zu sein und noch nicht zu wissen, wo man ankommen wird. „Wohin geht es mit der Kirche?“ Diese Frage steckt in vielen Köpfen verantwortungsbewusster Kirchenmitglieder. Sie erleben diese Zeit als Zeit vieler Veränderungen und Umbrüche. Entwicklungen gehen rasant voran. Lebensgewohnheiten ändern sich. Schafft die Kirche den Spagat zwischen Traditionsbewusstsein und modernen Formen? Hat sie Antworten auf die Fragen der Menschen heute? Liegt die Zukunft der Gemeinden in kleinen Einheiten oder großen Strukturen? Viele Fragen liegen auf dem Weg in die Zukunft der Kirche. Es gibt kein Navigationsgerät, das man einfach anschalten kann und das einen ans gewünschte Ziel bringen würde. Richtungen müssen erst geklärt werden. Darum kann es nicht so weitergehen wie bisher gewohnt. Anhalten ist angesagt. Oder besser innehalten, nachdenken, ins Gespräch kommen und beten.
So schwierig der Weg des Volkes Israels ins Gelobte Land einst war und vor allem wie langwierig: Gerade im langsamen Vorankommen lagen viele Chancen: Im Gespräch mit Gott und den Menschen das Wichtige erkennen. Auch damals gab es viel Murren, weil es manchen nicht schnell genug ging. Aber es war ja auch wichtig, dass viele mitgenommen wurden und das Tempo halten konnten.
Es gibt auch heute keine schnellen Antworten. Es gibt kein Durchrasen und Ankommen ohne Zwischenstopp. Männer wie Frauen sind gefragt, anzuhalten und sich des Weges zu vergewissern. So altmodisch finde ich es gar nicht, die Fragen, die man hat, auch persönlich zu stellen. Man darf gespannt sein auf Antworten, die zielführend sind.