hr2 ZUSPRUCH
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Eine Sendung von

Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche, Saarlouis

Nikolaus

Nikolaus

Nun stehen sie wieder vor allen Kaufhäusern – die Weihnachtsmänner und Nikoläuse. Ich freue mich darüber, dass ein kirchlicher Brauch die Jahrhunderte so erstaunlich lebendig überdauert hat. Und ich freue mich daran, dass die Kinder sich freuen. Jedes Kind weiß: „Niklaus ist ein guter Mann, schenkt den Kindern was er kann.“

In der Hoffnung, dass der Nikolaus es mit der Altersgrenze nicht so genau nimmt, stelle ich jedes Jahr am Nikolausabend einen Stiefel raus. Und was soll ich sagen: Er war noch jedes Mal am nächsten Morgen gefüllt mit Gebäck und Mandarinen und anderen Köstlichkeiten. Woher der Nikolaus allerdings immer weiß, dass ich ein paar neue Socken brauchen könnte, ist mir ein Rätsel.

Zu diesem Brauch mit den Schuhen und Strümpfen kam es übrigens so: Ein armer Mann hatte drei Töchter. Er war so arm, dass er seine Familie nicht mehr ernähren konnte. Verheiraten konnte er seine Töchter auch nicht, weil er ihnen keine Mitgift geben konnte. In seiner Not wollte er zum Zuhälter seiner Töchter werden. Als der Bischof Nikolaus davon hörte, warf er in drei Nächten je ein Säckchen mit Gold durch das Fenster. So bewahrte der Heilige Nikolaus die drei Frauen vor der Prostitution.

Die Goldsäckchen landeten übrigens immer in einem der Strümpfe, die am Kamin zum Trocknen aufgehängt waren – daher der Brauch.

Was Nikolaus wohl zu dem Mega-Geschäft Prostitution heute gesagt hätte? Etwa 400.000 Frauen gehen in Deutschland der Prostitution nach. Jährlich werden hierzulande durch Prostitution rund 15 Milliarden Euro umgesetzt. 50 bis 80 % der Frauen (da streiten sich die Fachleute) sind Migrantinnen, zumeist aus Osteuropa. Nicht immer sind sie Opfer von Frauenhändlern und Schleppern, aber viel zu oft sind sie es. Und immer sind sie Opfer von Armut. Eine Krankenschwester arbeitet in der Betreuung drogenabhängiger Huren. So nennen sich viele selber. Die Krankenschwester sagt: „Da ist nicht viel Freiwilligkeit…Glückliche Huren gibt es nicht“. Ob das den 1,2 bis 1,5 Millionen Männern bewusst ist, die täglich die Dienste der Huren in Anspruch nehmen?

Schweden führte vor etwas mehr als zehn Jahren ein zu Beginn umstrittenes Gesetz ein: Kauf und Vermittlung von sexuellen Diensten sind verboten, während der Verkauf von Sex legal bleibt. Zuhälter müssen mit bis zu sechs und Frauenhändler mit bis zu zehn Jahren Gefängnis rechnen. „Es geht darum, die Nachfrageseite, die Freier, zu kriminalisieren und nicht darum, seelisch und körperlich ausgenutzte Frauen hinter Gitter zu bringen“, erklärt ein Kriminalbemter.. In Stockholm gibt es seit Einführung des Gesetzes noch etwas mehr als 100 Prostituierte. Davor waren es mehrere Tausend. Der Handel mit Frauen ist in Schweden nahezu zum Erliegen gekommen.

Klar ist, dass dieses Gesetz nur Sinn ergibt, wenn gleichzeitig alles getan wird, um den Frauen zu helfen, die aus der Prostitution aussteigen wollen; vor allem drogenabhängigen Huren.

Mit Prüderie hat das Ganze übrigens nichts zu tun. Als prüde hat Schweden noch nie gegolten. Hinter dem Gesetz steht vielmehr die Erkenntnis, dass Prostitution kein normales Geschäft ist.

Nikolaus gilt als der Schutzheilige vieler Berufsgruppen. Er sollte auch als der Schutzheilige der Frauen gelten, die durch Armut oder Gewalt zur Prostitution gezwungen werden.

So viele Geldsäckchen könnte er freilich gar nicht werfen, um all´ den Frauen zu helfen. Ich glaube, er würde stattdessen heute für so ein Gesetz wie in Schweden kämpfen.

Denn Niklaus ist ein guter Mann.