Gott hinter der Leinwand: Das Schmuckstück
Die Nachrichtenschlagzeilen belegen es: Die Anzahl von Frauen in der Managementetage führender Unternehmen steigt. Auch in Deutschland. Ganz anders ist es im Film „Das Schmuckstück“, der im Frankreich der 70ger Jahre spielt. Da ist die Männerwelt für Herrn Pujol noch in Ordnung. Er leitet die Regenschirmfirma des Vaters seiner Frau Suzanne, sie hat die Hoheit über die Küche. Die Kinder sind längst aus dem Haus. Sie geht joggen, schreibt Gedichte, leistet sich Luxus zwischen Pelzen und Juwelen. Aber eine eigene Meinung, die hat sie nicht zu haben. Die Rollen sind verteilt und sie hat die Nebenrolle! Und wie viele Menschen hat sie sich damit abgefunden, dass andere bestimmen und die großen Auftritte haben. Sie lässt sich alles Mögliche gefallen, sogar die Daueraffäre ihres Mannes mit seiner Sekretärin und dessen ständigen Nachtclubbesuche. Und so bekommt sie von ihrer Tochter an ihrem Geburtstag zuhören: „Das Schlimmste wäre für mich, so zu werden wie du – ein Schmuckstück!“
Doch dann ändert sich an einem Tag alles. In der Firma gibt es Streik. Und der eskaliert so sehr, dass die Arbeiter ihren Mann festsetzen. Und weil er seine Herztropfen vergessen hat, bekommt er bei der ganzen Aufregung eine Herzattacke und muss ins Krankenhaus. Sie wird ins kalte Wasser geworfen und muss – nein, und darf zeigen, was sie kann. Wer lange in einer der hinteren Reihen gestanden hat, traut sich in so einer Situation dann oft nichts zu. Bei ihr ist es anders. Sie verwandelt sich von einem Schmuckstück in eine Gestalterin. Und holt sich mit dem Bürgermeister einen Verbündeten ins Boot, der ihr hilft. Mit Catherine Deneuve als neuer Chefin Suzanne und Gérard Depardieu als Bürgermeister sind die beiden Hauptrollen in diesem Film so besetzt, dass ein ernstes Thema voller Humor und ohne ‚Emanzen’-Klischees entwickelt werden kann. Nebenbei stellt sich heraus, dass Suzanne gar nicht so heimchenhaft ist, wie sie zu Beginn erscheint. Mit dem Bürgermeister hatte sie z.B. einmal eine Affäre, mag ihn auch noch, aber lässt sich von ihm nicht in dessen sozialkritisches Muster pressen. „Der Arbeiter verlangt nur dann zu viel, wenn die Chefs zu wenig anbieten“, sagt er ihr. Sie verhandelt auf ihre Art und Weise, sie hört zu, lehnt die Forderungen nicht sofort ab, erfüllt sie aber auch nicht einfach. Sie sagt zu, sie zu prüfen. Und ändert die Dinge danach. So gewinnt sie die Arbeiter für ihren neuen Kurs in der Firma. Sie trifft wichtige Personalentscheidungen und das Betriebsklima ändert sich. Sie hat sich von den Rollen gelöst, die andere ihr zugedacht hatten. Sie hat ihre Rolle gefunden. Daran ändert auch ihr Mann nichts mehr, als er aus dem Krankenhaus zurückkommt. Sie hat die Aktienmehrheit und verliert sie erst dann, als ihre Tochter um ihres eigenen Vorteils willen einen Komplott gegen ihre Mutter schmiedet.
Die Niederlage ist schmerzlich für Suzanne. Aber sie wirft sie nicht in ihre alten Muster zurück. Der Tochter, die nicht so sein wollte wie sie, sagt sie: „Ich mache jetzt, was du dich nicht traust - ich lasse mich scheiden. Ich muss mein Leben nicht mehr zurückstellen.“ Längst hat sie eine neue Aufgabe gefunden: Sie kandidiert gegen den Bürgermeister für das Parlament und gewinnt. Gott hat sich den Menschen so gedacht, dass er sein eigenes Leben in der Hauptrolle gestaltet. Und wie Suzanne die eigene Bestimmung findet. Wo Menschen sich aus der Unterdrückung befreien und ihr Leben selbst in die Hand nehmen, da ist Gott auf ihrer Seite.