Gott hinter der Leinwand Brothers
Im irischen „Brothers“ ist Sam der Vorzeigesohn. Berufsoffizier. Kriegsheld. Ehemann und Familienvater. Sam steht für Erfolg, Courage, Verantwortungsbewusstsein. Sein Bruder Tommy ist das totale Gegenteil. Er hat keine Karriere gemacht und auch gar keine Lust darauf. Stattdessen ist er im Knast gelandet. Fast genau auf den Tag, an dem Tommy entlassen wird, muss Sam zu einem neuen Einsatz nach Afghanistan. Die Eltern haben alle zum Essen eingeladen. Als Begrüßung für Tommy und als Abschied für Sam. Aber schon nach wenigen Minuten kommt es zum Eklat. Der Vater lässt Tommy spüren, dass er ihn verachtet und auf Sam stolz ist. Tommy solle sich an Sam ein Beispiel nehmen. Ein Satz, den viele Eltern vielen Kindern entgegenschleudern und der trotzdem keinem hilft. Weil er die Originalität von Kindern nicht berücksichtigt.
Wenige Tage verändert eine Nachricht jedoch alles: Sams Hubschrauber sei beschossen worden und abgestürzt. Sam sei in Afghanistan gefallen. Nach der Trauerfeier entlädt sich der Frust des Vaters über Tommy: „Wer würde für dich Zeugnis ablegen, wenn du das Zeitliche segnest? Kennst du überhaupt Stolz?“ Und auch aus Tom platzt heraus: „Und du? Als du aus Vietnam zurück gekommen bist, hast du nachts Mutter angebrüllt. Bist betrunken mit uns Kindern Auto gefahren!“ Sie gehen im Streit auseinander. Aber Tom ist durch Sams Tod irgendwie anders geworden. Er fühlt sich für dessen Familie verantwortlich. Er renoviert deren Küche, kümmert sich um die Kinder. Er besucht die Frau, die er überfallen hatte und deretwegen er ins Gefängnis gekommen war. Der Vater bekommt das alles mit und findet die Kraft, sich bei Tom zu entschuldigen. Der sagt: „Ist schon gut. Sam war eben immer klüger als ich.“ Der Vater: „Würde ich nicht sagen, du hast nur schneller aufgegeben.“ Der Verlust des einen Sohnes hat ihm die Augen dafür geöffnet, den anderen wiederzufinden. So sind Krisen immer auch Chancen.
Mit einem Mal erschrickt man im Film. Sam ist gar nicht tot, sondern von Taliban gefangen genommen. Und unter enormen Psychodruck bringen die ihn dazu, einen Mitgefangenen zu erschlagen, um selbst überleben zu können. Kurz danach wird Sam befreit. Aber der Kriegsheld kommt als Kriegverbrecher zurück, auch wenn nur er davon weiß. An diesem Trauma geht er kaputt. Er kann sich selbst nicht verzeihen. Dabei weiß doch keiner, wozu er fähig wäre, wenn er in eine solche Situation käme. Sam schafft es nicht, darüber zu reden. So staut sich in ihm immer mehr in ihm auf. Er verändert sich total. Schreit herum. Denkt, dass sein Bruder mit seiner Frau schläft. Rastet völlig aus und will sich schließlich erschießen. Jetzt wird er verhaftet und landet in einer Klinik. Dort besucht ihn seine Frau. Sie sagt ihm, dass sie ihn liebt, seitdem sie 16 ist. Und dann stellt sie ihn vor die Konsequenz: „Wenn du mir nicht sagst, was passiert ist, verlasse ich dich.“ Da bricht es endlich aus heraus, dass er einen Kameraden getötet hat. Und er fragt: “Werde ich je wieder damit leben können?“ Damit endet der Film. Doch Sams Frage geht mit einem mit. Aber auch die Erkenntnis: Wenn man anfängt zu reden, kehrt das Leben zurück. Reden über die Dinge, die man nicht los wird, kann man übrigens auch mit Gott.