hr2 ZUSPRUCH
hr2

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin und Professorin für Religionspädagogik, Würzburg

Die Deutschen sollten im Goldrausch ihr Gewissen nicht verlieren

Die Deutschen sollten im Goldrausch ihr Gewissen nicht verlieren

Als ich ein Kind war, zeigte mir mein Vater einmal eine Münze. Das war eine Goldmünze, ein Krügerrand aus Südafrika. Sie war klein und sehr fein gearbeitet. Es war mir sofort klar: dies ist ein wertvolles Stück. Gold steht ja für bleibende Werte. Später lernte ich in der Schule, dass die Nationalbanken ihre Währungen über Gold absichern, wenigstens zum Teil. Wenn Geld unsicher ist, dann greift man auf Gold zurück. Denn, so heißt es, sein Wert bleibt.

Auch die großen Weltreligionen wissen von der Bedeutung des Goldes. Für sie ist das Gold ein Symbol für die Herrlichkeit Gottes. In Kirchen sind Kanzeln, Decken oder auch Engelfiguren mit Gold überzogen. Der Glanz des Goldes verkündigt etwas von dem, was dem Menschen am wertvollsten sein soll, seine Beziehung zu Gott. Und natürlich hat Jesus Christus zu seiner Geburt auch Gold bekommen. Die Heiligen drei Könige kamen und brachten Weihrauch, Myrrhe und eben Gold.

Erst seit ein paar Jahren wächst ein Bewusstsein dafür, dass Gold nicht einfach so auf der Erde liegt, sondern richtiggehend aus der Erde herausgetrennt werden muss. Gold wird abgebaut, indem man goldhaltiges Gestein in riesige Tanks füllt und dann Zyanid, also Blausäure, hinzu gibt. Das trennt dann Gestein und Gold voneinander. Man kann sich vorstellen: Dadurch entstehen riesige Mengen von verseuchtem Boden. Für die Herstellung eines Goldrings fallen so bis zu zwanzig Tonnen belasteter Abraum an. „Gold wird auf allen fünf Kontinenten abgebaut, sowohl in Industrieländern wie Australien oder den USA als auch in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern, wie zum Beispiel Südafrika, Peru und Indonesien.“1 Immer müssen so genannte Rückhaltebecken für das Zyanid angelegt werden; die Dämme, die diese Becken umgeben, sind schon oft gebrochen. Z. B. in Ghana, aber auch in Rumänien wurden so sehr viele Felder und die Tiere ganzer Regionen vergiftet. Auf diese Missstände macht die Kampagne „No Dirty Gold“ aufmerksam, kein schmutziges Gold. Juweliere und Schmuckkäufer werden zu einem kritischen Konsumverhalten aufgerufen. Das soll ähnlich funktionieren wie beim fair gehandelten Kaffee. Der hat es inzwischen bis in unsere Supermärkte geschafft, auch wenn das lange gedauert hat. Aber es wurde eine gerechtere Wirtschaftsform auf Kaffeeplantagen gefunden. Die Kampagne „No dirty Gold“ braucht auch Aufmerksamkeit. Damit Menschen alles tun, was in ihrer Macht steht, um das Unrecht im Goldabbau zu bekämpfen. Hier in Deutschland sind wir besonders gefragt. Denn die Deutschen sind sozusagen im Goldrausch. Im vergangenen Jahr 2010 wurde in keinem anderen Land der Welt mehr Gold gekauft als bei uns. Und im Jahr 2011 wird es noch viel mehr werden.

Die Krügerrand-Münzen gibt es übrigens immer noch. Doch bevor ich mir heute eine kaufen würde, ja bevor ich mir überhaupt ein goldenes Schmuckstück kaufe, werde ich nachfragen, ob das Gold fair gehandelt wurde. Politik mit dem Einkaufskorb nennt man das, und sie ist nicht zu unterschätzen!