Wahlverschiebung - beschämend und respektlos
Anmoderation: Eigentlich war es eine Formsache. Die Abgeordneten des Bundestages sollten zwei Juristinnen und einen Juristen für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe neu wählen. Doch die Wahl wurde verschoben (11.7.2025). Eine Kandidatin missfiel plötzlich, sie wurde diffamiert, ihr Ruf beschädigt. Andrea Seeger von der Evangelischen Kirche findet das beschämend und respektlos.
Richterinnen und Richter sorgen für Gerechtigkeit
Menschen sollen für Gerechtigkeit sorgen. Das ist ein uraltes Gebot Gottes. Und das zieht sich durch die ganze Bibel. Die Geschichten erzählen von Richtern, die für Gerechtigkeit sorgen – und damit für ein gutes Zusammenleben.
Deborah, Richterin der Bibel
Auch eine Richterin gibt es in diesen Geschichten - Debora heißt sie. Sie war eine starke Frau, eine kluge Ratgeberin und mutige Führungsfigur. Der Weg von Deborah in vorstaatlicher Zeit vor drei- bis dreieinhalbtausend Jahren bis zum modernen Rechtsstaat war steinig und lang.
Dankbar für den Rechtsstaat heute
Ich bin froh, heute in einem Rechtsstaat leben zu dürfen. Das verdient höchsten Respekt, ob mit oder ohne religiösen Glauben. Aber dieser Respekt wurzelt eben in vielen biblischen Geschichten. Sie verdeutlichen: Schon in uralten Zeiten war das Recht ein hohes Gut, wichtig für die Gemeinschaft. Es bekämpfte Korruption, setzte sich ein für Arme, Witwen und Waisen.
Das Bundesverfassungsgericht: Instanz für die Menschenwürde
Ein zentraler Teil unseres Rechtsstaats ist das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es schützt als oberste rechtliche Instanz Grundrechte wie Freiheit, Gleichheit und Würde. Eine Würde, die niemand verlieren kann, selbst wenn er sich schuldig gemacht hat und verurteilt wird.
Persönliche Diffamierung einer Kandidatin beschämend
Gerade sollten zwei Richterinnen und ein Richter neu nach Karlsruhe berufen werden. Doch die Wahl wurde verschoben. Die Gründe sind aus meiner Sicht beschämend. Es gibt Kampagnen und persönliche Diffamierungen gegen eine der Kandidatinnen. Das ist respektlos. Was da geschehen ist, hat für mich nichts zu tun mit einem Diskurs vor demokratischen Wahlen.
Respekt vor dem Grundgesetz und seinen Hüterinnen und Hütern
Als Christin setze ich auf die Gerechtigkeit Gottes. Diese Gerechtigkeit ist mehr und anders als das, was Menschen an Recht schaffen können. Aber das lässt mich keinen Deut weniger dankbar sein für unser Grundgesetz, seine Hüterinnen und Hüter. Es ist nicht selbstverständlich. Es fordert uns auf, wachsam zu sein. Denn was nicht selbstverständlich ist, müssen wir schützen. Zuallererst durch unseren Respekt.
Zum Foto (hier aus Rechtegründen sichtbar bis 29. 8.): Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, (l-r), Thomas Offenloch, Astrid Wallrabenstein, Ulrich Maidowski, Doris König (Vorsitzende des Zweiten Senats), Christine Langenfeld, Rhona Fetzer, Peter Frank bei einer Urteilsverkündung. Aufnahmedatum: 15.07.2025 picture alliance/dpa | Uli Deck