hr1 ZUSPRUCH
hr1
Vonderau, Judith

Ein Sendung von

Katholische Autorin bei "kirche im hr", Bad Orb

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Gott und der Staubsauger

Räume haben bestimmte Funktionen. Sie sind nicht zufällig verteilt, sondern erfüllen einen vorgesehenen Zweck: In der Küche wird gekocht und gegessen, in der Garage steht das Auto und in der Kirche wird Gottesdienst gefeiert. Das ist logisch und nachvollziehbar.

Spannend wird es, wenn bei den Räumen etwas durcheinanderkommt. Wenn in einem Raum etwas stattfindet, was ich so gar nicht mit diesem Raum verbinde. Bei mir ist das passiert, als ich bei einer Kirchenputz-Aktion mitgemacht habe. Geplant war ein Großputz in der Kirche und da sollte wirklich alles sauber werden. Und so fand ich mich im Beichtstuhl wieder – zusammen mit zwei anderen Putzfreudigen und einem dunkelblauen Staubsauger. Das hatte ich noch nicht erlebt, die anderen auch nicht. Der Beichtstuhl war für uns mit Ernsthaftigkeit verbunden; ein Ort der Besinnung, der inneren Einkehr und der inneren Wandlung. Ein Ort, an dem Tiefgehendes geschieht, an dem viel passiert – aber eben ohne großes äußeres Tun, sondern ganz still im Herzen.

Der Ort der Einkehr und Buße braucht ein Lifting

Gerade jetzt während der Putz-Aktion war das ganz anders. Niemand beichtete, sondern der Staubsauger dröhnte und wir drei waren geschäftig in dem engen Raum zugange. Gleichzeitig passierte innerlich doch sehr viel. Denn es beschäftigte mich, diese Gegensätze zusammenzubringen: einerseits der Beichtstuhl mit all dem, was ich mit ihm verbinde. Und andererseits das so alltägliche und banale Putzen, das hier nicht hinzugehören schien. Doch geputzt werden muss nun mal überall. Dieser Gedanke baute eine Brücke zwischen den vermeintlichen Gegensätzen, der vermeintlichen Trennung zwischen sakraler und profaner Welt. Kein Ort ist nur sakral, genauso wenig, wie kein Ort nur profan ist. Gott ist überall. Im Beichtstuhl, wenn es darum geht, was mein Herz bewegt. Und auch im Beichtstuhl, wenn dort – ganz banal – einfach nur geputzt wird.