Betlehem in Brasilien
In Belém mitten im brasilianischen Amazonasgebiet findet in dieser Woche die Weltklimakonferenz statt. In der Stadt leben heute etwa 1,5 Millionen Menschen. Die Infrastruktur der Stadt ist deutlich überfordert, die etwa 50.000 erwarteten Gäste zu beherbergen. Weil es zu wenige Übernachtungsmöglichkeiten gibt, sind die Preise extrem hoch, vor allem für Gäste aus ärmeren Ländern. Es ist deshalb schon viel kritisiert worden, Belém als Veranstaltungsort für die Klimakonferenz zu wählen. Das hat aber einen guten Grund. Auf diese Weise können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Region erleben, die in ihrer Existenz massiv vom Klimawandel bedroht ist. Durch die Erderwärmung ist der gesamte Wasserkreislauf des Amazonasgebiets gefährdet. Dies betrifft nicht nur das Ökosystem, sondern auch Millionen von Menschen, die von den Flüssen dort leben.
Die Kolonisatoren brachten eine neue Weltsicht mit
Belém ist die portugiesische Form von Bethlehem, dem Geburtsort Jesu und der Herkunft des biblischen Königs David. Der Glaube an Jesus und an den Gott der Bibel wurde erst von den europäischen Kolonisatoren nach Belém gebracht. Die Stadt wurde von einem portugiesischen Kapitän als Festung gegründet, um die Region gegen Eroberungen durch die Soldaten anderer europäischer Länder zu verteidigen, Engländer, Franzosen und Holländer. Ursprünglich lebten in dieser Region Tupinambá, ein Sammelname für eine der indigenen Bevölkerungsgruppen, die dort ihr Zuhause hatten. Die Kolonisatoren haben ihr Land damals im 17. Jahrhundert mit Gewalt überzogen,– sie haben aber auch eine Weltsicht mitgebracht, die den westlichen Menschen als vermeintliche Krone der Schöpfung in den Mittelpunkt stellt, und der heute ein Grund für die weltweite Klimakrise ist.
Dem Gott der Bibel sind alle Geschöpfe wichtig
Oft wurde die erste Kolonisation mit der Bibel und dem christlichen Auftrag zur Mission begründet. Jesus, der in Bethlehem geboren wurde, lässt sich aber nicht dafür vereinnahmen, den Menschen als den Nabel der Welt zu sehen. Der Gott der Bibel, an den Jesus geglaubt hat, passt nicht zu einem technologischen Fortschritt, der die Erde für den Menschen ausbeutet, und nicht zu einem übermäßigen Konsum, der sie dem Genuss der Menschen unterwirft. Der Gott der Bibel ist seiner ganzen Schöpfung nahe. Den jungen Raben gibt Gott Nahrung, wenn sie danach schreien, heißt es im Psalm (Ps 147,9), auch den Wildeseln und den jungen Löwen, die nach Beute brüllen (Ps 104,21). Erst unter vielen anderen Geschöpfen, für die Gott sorgt, werden dann auch die Menschen genannt. Und von allen Geschöpfen heißt es: „Aller Augen warten auf dich und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.“ (Ps 145,15–16) Diese Verse sind auch ein Tischgebet, man kann sie auch singen. Sie erinnern an die Solidarität von uns Menschen mit der gesamten Schöpfung. Alles hat von Gott Atem und Leben bekommen, und alles wartet sehnsüchtig auf Gott. Es ist allerhöchste Zeit, diese Seite der biblischen Botschaft wieder zu entdecken und weltweit in die Politik hineinzutragen. Die Weltklimakonferenz in Belém wäre vergebens, wenn sie in den beiden nächsten Wochen keine Entscheidungen trifft, die die Schöpfung im Amazonasgebiet und überall auf der Erde bewahren.