Dietzenbacher Paradiesblüten

Es war der Tag meiner Ordination – meiner offiziellen Einführung als Pfarrerin. Natürlich war ich ziemlich aufgeregt. Da kam noch vor dem Gottesdienst eine ältere Dame aus meiner Gemeinde auf mich zu.

Ein Engel als Geschenk

In der Hand hielt sie einen kleinen, selbstgehäkelten Engel. „Der soll Sie begleiten“, sagte sie. Ruhig und herzlich. Und ihr warmes Lächeln hat mir in diesem Moment einfach gutgetan. Ich hab gespürt: Da ist jemand, die meint es gut in dieser ersten, noch fremden Gemeinde. Die Freude hat über die Aufregung gewonnen. Ihr Engel hat gewirkt.

Die Engelsfigur begleitet sie als Erinnerung im Alltag

Ich habe ihn lange in meiner Talartasche behalten. Heute liegt er bei mir auf dem Schreibtisch. Erinnert mich an diesen besonderen Tag – und an die Frau. Sie gestaltet das Gemeindeleben in vermeintlich kleinen Dingen, aber mit großer Wirkung. Im Winter hat sie für unser Gemeindebüro zarte Schneeflocken gehäkelt. Weiß, kunstvoll, filigran. Alle haben sich daran erfreut.

Gehäkelte Paradiesblüten für den Frühling

Als es dann Frühling wurde, habe ich sie gefragt, ob sie Lust hätte, etwas Farbenfrohes anzufertigen. Ein paar Wochen später kam sie nach dem Gottesdienst mit einer kleinen Schachtel zu mir. Darin lagen feine gehäkelte Blüten in Rosa und Lila. Ich durfte mir zwei aussuchen, und dann sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln: „Das sind die Paradiesblüten.“ Seitdem liegen diese Blüten in meinem Auto auf dem Armaturenbrett. Und begleiten mich fast täglich.

Oft braucht es nur kleine Gesten, die Freude ins Leben bringen

Solche Gesten sind vielleicht klein – aber sie wirken nach. Ein gehäkelter Engel zur rechten Zeit. Blüten, die Frühling ins Büro bringen. Ein Lächeln. Ein Satz. Die meisten Menschen verändern die Welt nicht auf der großen Bühne. Aber sie gestalten den Alltag mit Wärme, Aufmerksamkeit und Herz. Und zeigen damit: Es braucht nicht viel, um etwas Gutes zu hinterlassen. Jede Geste zählt. Das sind wahre Paradiesblüten.