Der Weg, das Ziel und das Dazwischen
Der Weg ist das Ziel! Oder vielleicht doch: Das Ziel ist der Weg? Ja, wie heißt es denn jetzt richtig? Welche der beiden Formulierungen macht denn jetzt Sinn? Ich gestehe ein, dass mich diese Frage seit langer Zeit beschäftigt und meinen Puls manchmal ganz schön hochtreibt.
Hinter der Formulierung „Der Weg ist das Ziel“ verbirgt sich für mich folgender Sinn: Auf dem Weg mache ich Erfahrungen. Sie sind es, die mein Leben prägen. Vielleicht sind es Land und Leute, handwerkliches Geschick, Kulturen und so vieles mehr, was ich auf dem Weg erleben und erfahren darf. Das Ziel rückt dabei mehr in den Hintergrund und es bleibt sogar offen, ob es überhaupt erreicht wird. Für mich schwingt dabei ein Hauch von „sich treiben lassen“, ein „Mal schauen, wo mich der Tag heute hinführt“, mit.
Ganz anders die Aussage: „Das Ziel ist der Weg.“ Hierbei liegt der Schwerpunkt nicht auf dem Weg, sondern auf dem Ziel. Wenn ich einen Berggipfel besteige, zur Arbeitsstelle oder in den Urlaub fahre, dann ist das Ziel klar! Und auf dem Weg zum Ziel nehme ich die Erfahrungen mit, die am Wegrand auf mich warten.
Der eine kann nicht ohne das andere: Weg und Ziel gehören zusammen
Vor einigen Wochen bin ich bei meinen Unterrichtsvorbereitungen über den lateinischen Ausdruck et … et gestolpert. Diese beiden Wörter bedeuten: sowohl … als auch. In diesem Zusammenhang kam mir der Weg-Ziel-Gedanke in den Sinn. Mir ging im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht auf: Weg und Ziel stehen in Spannung zueinander. Sie bedingen und ergänzen sich sogar. Von daher wurde mir klar, dass es ungenügend ist, nur in richtig oder falsch zu denken. Die Antwort auf die Frage geben die drei Worte: sowohl als auch. Von daher gehören Weg und Ziel zusammen und haben beide ihre Berechtigung
Über diese Einsicht bin ich sehr dankbar. Mein Weg-Ziel-Konflikt hat sich endlich gelöst! Ich weiß nun: „Sowohl als auch“ ist stärker als „Entweder oder“! Vielleicht lässt sich diese Erkenntnis auch auf Beziehungen oder Beziehungskonflikte übertragen. Bei der nächsten Urlaubsplanung, einer möglichen Meinungsverschiedenheit, da gibt es sicherlich viele weitere Gelegenheiten, in denen es nicht um richtig oder falsch geht, sondern in denen „sowohl als auch“ zu einem echten Beziehungsbooster werden kann. Ein Versuch ist es wert!