Weil sich kümmern heilig ist
Gerda ist stolz auf sich. Zum ersten Mal im Leben war sie letzten Dienstag auf einer Demonstration. Sie hat ihren weißen Kittel angezogen und ein Plakat hochgehalten. „Rettet die Altenpflege“ stand da drauf. Gerda ist Altenpflegerin. Sie ist ausgebildet und gut. Aber es gibt immer weniger in Hessen, die alte Menschen pflegen wollen. Über tausend Fachkräfte fehlen. Gerda merkt das an allen Ecken und Enden. Oft ist sie alleine auf ihrem Flur, hat viele Überstunden und ständig Wochenenddienst. Das kann so nicht weitergehen, sagt Gerda, weil ja immer mehr Menschen immer älter werden und dann Pflege brauchen, gute Pflege.
Also war Gerda auf der Straße. Mit Kittel, Plakat und Trillerpfeife. In ganz Hessen waren die Pfleger unterwegs. Wir müssen uns zeigen, sagt Gerda. Pflege sieht man nicht. Wer geht schon ins Altenheim. Wer denkt schon ans alt werden und dass er selbst womöglich Pflege braucht. Wer denkt überhaupt ein bisschen weiter als bis morgen oder übermorgen. Das müssen wir aber, sagt Gerda. Sonst gibt es in zehn Jahren keine Pflege mehr, nur noch Füttern und Gute Nacht sagen. Pflege ohne Gefühl, das darf nicht sein.
Würde geht anders. Würde heißt mehr Stellen, bessere Bezahlung und ein Umdenken bei vielen Menschen. Manchmal spreche ich mit jungen Leuten, sagt Gerda. Es können ja nicht alle Friseurinnen werden oder Piloten oder Model oder Forscher. Wir brauchen mehr gute Altenpfleger. Je mehr es werden, desto besser können die dann weiterkämpfen für neue Stellen und guten Lohn. Dann sage ich den Jungen und Mädchen: Denkt bitte mal darüber nach, die Alten brauchen euch. Es stimmt, ihr werdet nicht reich und nicht berühmt. Aber zufrieden werdet ihr. Ein gutes Werk tut euch auch selber gut, sagt Gerda den jungen Leuten.
Manchmal ist pflegen schwer und macht etwas traurig. Und manchmal ist es wunderbar. Wer andere pflegt, pflegt auch die eigene Seele. Weil sich kümmern heilig ist. Und das Leben wertvoll macht.