hr1 ZUSPRUCH
hr1

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer im Ruhestand, Biebertal

Start

Start

Da war er schon wieder, der isländische Frühjahrsvulkan. Im Gegensatz zum letzten Jahr mit einem Namen, den man wenigstens aussprechen kann: Grimsvötn. Der größte auf Island. Gigantische Mengen an Asche spuckt er in die Luft, 20 Kilometer hoch. Bedrohlich. Inzwischen hat er sich beruhigt. Die riesige Wolke ist weiter gezogen. Und die Flugzeuge sind wieder am Himmel, ohne Einschränkung und ohne Gefahr.

Am Anfang der Woche sah das noch anders aus. Auf dem Flughafen von Edinburgh waren unzählige Passagiere gestrandet, weil kein Flug mehr ging. Sie lagen auf dem blanken Boden, mit dem Kopf auf einer Reisetasche. Oder rollten sich mühsam auf einer Bank zusammen, um einige Stunden unruhig und unbequem zu schlafen. Andere saßen in Hamburg oder Bremen fest, zumindest für ein paar Stunden.

Man kann es für puren Zufall halten, oder aber für eine witzige Laune der Natur: In der Woche, in der es überall in Radio und Fernsehen um den mobilen Menschen geht, kommenden Tausende nicht vom Fleck und schlafen auf dem Boden. Oder wissen nicht, ob sie den Koffer für ihre Dienstreise oder den Urlaub überhaupt packen sollen. Der mobile Mensch sitzt in einer Flughafenhalle, dem Symbol dafür, wie beweglich wir heutzutage sind, sitzt da und kommt nicht von der Stelle, nicht einmal bis zum nächsten Bett.

Das klingt paradox. Macht mich aber darauf aufmerksam, dass Beweglichkeit nicht in bei den Rädern oder Motoren unserer Fahrzeuge anfängt, sondern in unseren Köpfen. Mobil ist der Mensch, der im Kopf beweglich ist. Der nicht starr und stur an seinen Zielen festhält und alles ignoriert, was sich ihm in den Weg stellt und ihn aufhält. Der zur Kenntnis nimmt, dass die Natur uns nicht nur zur Verfügung steht, sondern uns auch Grenzen setzt. Und dass wir eigentlich ziemlich klein sind und machtlos, wenn sich zum Beispiel eine Magma-Kammer öffnet und eine Riesenwolke den Himmel verdunkelt. Und die Turbinen eines Jumbos eigentlich nichts sind gegen die Kräfte der Natur. Wer über den mobilen Menschen nachdenkt und selbst einer sein will, wird mit seinen Gedanken nicht bei Fahrzeugen und Geschwindigkeiten stehen bleiben. Beweglich bleiben im Kopf, das ist angesagt