Sich entscheiden kann Leben retten
Anfang des Jahres hat Elke Büdenbender ihre Arbeit als Richterin wieder aufgenommen. Sie war schwer nierenkrank. Ihr Mann Frank Walter Steinmeier hat ihr eine Niere gespendet. „Ich bin zwar nicht mehr ganz vollständig, aber mir fehlt nichts“, sagt Steinmeier heute zufrieden. In Deutschland hat das die Diskussion um das Transplantationsrecht neu beflügelt.
Der Fall von zwei Schwestern in den USA liegt anders: Die beiden waren wegen eines Raubüberfalls zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Vor kurzem sind sie aus dem Gefängnis entlassen worden, weil die Gesunde versprochen hat, der Kranken eine Niere zu spenden.
Der zuständige Gouverneur von Mississippi hat offen gesagt, dass die hohen Behandlungskosten für die nierenkranke Frau ein Grund dafür seien, der Freilassung zuzustimmen.
Da wird zwar auch ein Leben gerettet, aber nicht freiwillig und aus Liebe, sondern aus Berechnung. Im Grunde wird da ein Organ verkauft.
Wenn noch in diesem Jahr in Deutschland nun ein neues Gesetz zur Organspende beschlossen werden soll, dann geht es aber nicht nur um sogenannte Lebendspenden. Die sind ja nur bei Nieren möglich, weil jeder Mensch normalerweise zwei hat und notfalls auf eine verzichten kann. Es geht vor allem um die Frage, unter welchen Bedingungen Toten Organe entnommen werden dürfen.
Obwohl die Zahl solcher Eingriffe auch in Hessen im letzten Jahr um fast die Hälfte gestiegen ist, stehen deutschlandweit etwa 12.000 Menschen auf einer Warteliste. Jeden Tag sterben drei Patienten, für die kein Spenderorgan gefunden wird.
Die allermeisten haben sich zwar eine Meinung gebildet, einen Organspendeausweis,hat aber noch nicht einmal jeder fünfte. Darf der Staat seine Bürger zwingen, sich zu entscheiden? Der neue Vorschlag sieht vor, dass jeder Bürger sich entscheiden muss zwischen: „Ja, ich spende“, „Nein, ich spende nicht“ und „Unentschlossen“. Man kann seine Entscheidung jederzeit revidieren, muss sie aber in einem Dokument bei sich führen.
In Italien und Spanien dürfen Toten ungefragt Organe entnommen werden, wenn sie vorher nicht ausdrücklich widersprochen haben. Dadurch werden mehr Menschenleben gerettet. Wollen wir das auch?
Ich finde, es gehört zur Würde des Menschen, dass er über seinen Körper selbst bestimmen kann, im Leben und auch danach.
Wenn jemand aus Liebe und freiwillig Organe spenden und damit Leben erhalten will, dann ist das ein Werk der Nächstenliebe. Dass der Staat seine Bürger nun zu einer freien Entscheidung drängen will, ist die Sache allemal wert.