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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Es geht nicht um Schuld, es geht ums Überleben Zur Hungerkatastrophe in Somalia

Es geht nicht um Schuld, es geht ums Überleben Zur Hungerkatastrophe in Somalia

Jetzt sehen wir wieder diese Bilder: Entkräftete Frauen mit apathischen Kindern auf dem Arm. Mit letzter Kraft fliehen sie vor Dürre und Bürgerkrieg in überfüllte Notunterkünfte. Wer da kein Mitleid bekommt…

Und zugleich bin ich wütend, wenn ich höre: Im Katastrophengebiet verlangen Banditen Wegezoll für die Hilfslastwagen. Teile der Hilfsgüter landen bei bewaffneten Islamisten, die die Menschen brutal unterdrücken.

Da hab ich mich gefragt: Darf man dahin überhaupt spenden? Landet mein Geld da nicht in den falschen Händen? Zwanzig Jahre Bürgerkrieg, keine Regierung, kein Staat, keine Strukturen… Die meisten Somalier können sich nicht einmal daran erinnern, wie sich Frieden anfühlt. Kann man da überhaupt noch helfen?

Ich habe mit Pfarrer Steubing von der Diakonie Katastrophenhilfe gesprochen. Er sagt: „Wir können helfen, auch im Lager Dadaab. Wir können garantieren, dass die gespendeten Mittel genau da ankommen, wo sie nötig gebraucht werden.“

Er erzählt, dass die Diakonie immer mit Partnern vor Ort zusammenarbeitet. Die sprechen die Landessprache und niemand kennt die Verhältnisse so gut wie die Menschen vor Ort. Sie wissen was am nötigsten gebraucht wird. Brunnen zum Beispiel. In den Außenbereichen von Mogadischu bohren Fachleute jetzt Tiefbrunnen, damit die Bewohner der Camps verlässlich sauberes Trinkwasser haben.

Das Wasser stillt nicht nur den Durst der Menschen und rettet ihr Leben, es dient der Hygiene, es beugt so Krankheiten vor und es kann einmal Felder bewässern. Und gutes Saatgut brauchen die Menschen, das kann auch in Zeiten der Dürre noch gute Erträge bringen.

Pfarrer Steubing ist eins besonders wichtig, er sagt: „Wir helfen völlig unabhängig von Religion, Geschlecht und Volkszugehörigkeit, wir unterstützen einfach Menschen in Not. Gott will das Leben, Gott richtet, nicht die Menschen. Kann schon sein, dass da auch mal etwas in die falschen Hände gerät, das wollen wir nicht, aber es geht nicht um Schuld, es geht ums Überleben.“

Ich bin beeindruckt von dem, was er erzählt. Auch davon, dass seine Mitarbeiter in Mogadischu vor einem Monat auf die Hälfte ihres Gehalts verzichtet haben, als die Mittel für die Flüchtlinge knapp wurden. Sie meinten: Auch wenn manches schiefgeht, es geht doch ums Überleben.

Da fällt’s mir auch nicht schwer, heute ein paar Euro zu spenden. Wo kämen wir denn hin, wenn wir uns von Bösem abhalten ließen, Gutes zu tun?