Erfolg ist nicht genug
„Gesucht wird eine andere Definition von Erfolg“, das hat Katrin Göring-Eckardt gesagt, beim Kirchentag in Dresden. Ist also etwas falsch an unserem Verständnis von Erfolg? Gibt’s da etwas einzuwenden gegen das Erfolgreich sein?
„Viel Erfolg“, das sagt der Mann seiner Frau, wenn sie heute in der Firma ein schwieriges Personalgespräch zu führen hat. Erfolg im Beruf, bei einer Ausbildung und im Studium - das wünscht sich doch jeder. Junge Menschen sollen erfolgreich sein, auch bei der Suche nach einem Lebenspartner, oder im Sport.
Ein amerikanischer Psychologe hat den Gedanken vom flow des Erfolgs bekannt gemacht. Er sagt, so ein flow, ein Erfolgsstrom stellt sich ein, wenn Menschen genauso schnell dazulernen, wie die Herausforderungen an sie größer werden.
In so einem Erfolgsflow kann man dann glücklich sein. Darin wird man der Langeweile auf der einen Seite entgehen und dem Stress auf der anderen. Erfolg, das ist für viele die Fähigkeit, seine selbst gesetzten Ziele zu erreichen.
Aber warum brauchen wir dann eine neue Definition von Erfolg? Weil Erfolg alleine zu wenig ist.
Die jüdischen Menschen, die vor der Nazizeit in Osteuropa gelebt haben, haben sich traditionell mehr gewünscht als nur Erfolg. „Hazlacha we Barucha“ haben sie in Jiddisch, ihrer Alltagssprache gesagt, Erfolg und Segen.
Vielen kennt diesen Ausdruck heute auch noch, oder besser das, was im Laufe der Jahrhunderte daraus geworden ist. „Hals und Beinbruch“ wünscht man sich am Theater oder beim Sport. „Wird schon gutgehen“ soll das dann heißen.
„Erfolg“, also „Hazlacha“ ist zu „Hals“ und „Segen“, also „Barucha“ ist zu „Bruch“ geworden: Hazlacha we Berucha, „Hals und Beinbruch“.
Die beiden Hälften des Wunsches, Erfolg und Segen sind leider nicht mehr zu erkennen. Dabei gehören sie, finde ich, wirklich zusammen. Erfolgreich sein, das ist schön, aber dazu gehört auch Segen
Wer anderen nicht nur Erfolg, sondern auch Segen wünscht, der schaut über sich selbst hinaus, der bittet Gott darum, das zu erfüllen, was Menschen einander zwar wünschen, aber nicht garantieren können.
Wer Erfolg und Segen genießen will, muss auch im Blick behalten, was in der Schöpfung um ihn herum passiert. Erfolg allein kann einsam machen, im flow kann man auch verlorengehen. Dann steht der Erfolgreiche da oben auf seinem Gipfel ganz allein.
Der Wunsch nach Segen kann den Wunsch nach Erfolg heilsam begrenzen und zugleich erweitern. Darum müsste meine neue Definition von Erfolg den Segen enthalten.
