Ein Smartphone braucht smarte Benutzer
Das Holzkästchen, das Philip Reis heute vor 150 Jahren vorstellte, hatte wenig mit dem zu tun, was wir heute ein „Telefon“ nennen. „Fernmündlich“ miteinander zu reden war zunächst nicht mehr als ein Jahrmarktspektakel. Klar wollten die Leute erleben, dass die Worte wirklich irgendwie das Fliegen gelernt hatten, aber bis in die fünfziger Jahre hatten nur wenige selbst ein Telefon.
Meine Mutter hat in den sechziger Jahren noch als sogenannte „Drahtamsel“ gearbeitet. Als „Fräulein vom Amt“ hat sie Telefonverbindungen auf Wunsch per Hand gestöpselt. Erst in den Siebzigern stand dann auch bei uns zuhause ein orangener Apparat mit Wandkabel und Wählscheibe.
„Wie habt ihr das früher eigentlich gemacht, so ganz ohne Handy?“, fragt mich meine Tochter. „Wir hatten zwei Groschen dabei“, erzähle ich „und haben uns eine gelbe Telefonzelle gesucht und angerufen, wenn wir die Nummer auswendig wussten.“
Hochgezogene Augenbrauen bei meiner Tochter.
Telefone von heute, Handys, machen vieles leichter, sie retten sogar Leben, keine Frage. Trotzdem frage ich mich wo wir heute stehen, 150 Jahre nach Philip Reis‘ Erfindung des Telefons.
An der Schule, an der ich arbeite, sollen Handys verboten werden. Sie werden einfach zu oft für Dinge missbraucht, die an der Schule nichts verloren haben.
Was beinahe alle Schüler dabeihaben, ist nämlich weit mehr als ein Mobiltelefon. In so einem Hightechteil steckt oft eine Menge Musik, ein Fotoapparat, eine Videokamera, alle Spiele und Filme, die ich dabeihaben möchte und ein Internetzugang natürlich, immer und überall.
Da versinkt dann schon mal jemand in der Pause in seinem Ballerspiel. Da zeigt man sich schon mal den peinlichen Film, den man gerade über die Toilettenwand hinweg gedreht hat oder mobbt mal ein bisschen mit auf facebook. Die Lösungen für die Mathearbeit kann man sich auch bei einem „Toilettengang“ im Internet besorgen.
Ich finde, hier ist Erziehung gefragt, zuhause und in der Schule.
Das Telefon des Philip Reis sollte Menschen verbinden, jetzt kann der Missbrauch seiner Nachfolger Menschen auch trennen: voneinander, von der realen Welt und sogar von sich selbst.
Ich finde, das wichtigste dabei ist, hin und wieder den Ausknopf zu betätigen und das gilt durchaus nicht nur für Jugendliche.
Was „Smartphone“ heißt, braucht vor allem smarte Benutzer, Menschen also, die schlau genug sind, die Vorteile zu nutzen, ohne im Missbrauch verloren zu gehen.