Der Daumen schützt den kleinen Finger
Wenn sich Pfadfinder treffen, haben sie weltweit einen besonderen Gruß. Sie heben die rechte Hand, lassen Zeige-, Mittel- und Ringfinger gerade nach oben gestreckt, und der Daumen legt sich über den kleinen Finger. Es gibt verschiedene Erklärungen, was die drei mittleren Finger bedeuten. Aber einig ist man sich, was der dicke Daumen auf dem kleinen Finger soll. Das symbolisiert die Grundhaltung der Pfadfinderinnen und Pfadfinder. Und die heißt: „Der Stärkere schützt den Schwächeren!“ Eine wunderbare Regel. Nicht nur für Pfadfinder.
Dieser Satz könnte auch über dem heutigen Tag stehen. „Der Stärkere schützt den Schwächeren!“ Denn heute am 20. Juni ist „Weltflüchtlingstag“. Flüchtlinge sind Menschen, die nirgendwo gerne gesehen sind, sie sind die Schwächeren, die Schutz brauchen.
Menschen, die wegen Krieg oder Verfolgung ihre Heimat verlassen müssen, werden woanders zunächst mal als Belastung erlebt. Als Fremde sind sie nur selten willkommen. Sie stammen aus einer anderen Kultur, haben meistens eine andere Religion, und vor allem: in der Regel sind sie arm und bringen selten mehr mit als sich selbst.
Anfang dieses Jahres haben sich viele Frauen und Männer aus Tunesien, Ägypten und Libyen auf den Weg in Richtung Europa gemacht. Sie wollten den bewaffneten Auseinandersetzungen in ihren Ländern entkommen. Da hat man bei uns im Februar schnell eine Umfrage gemacht: Sollen wir Flüchtlinge aus Nordafrikanischen Ländern in Deutschland aufnehmen, Ja oder Nein? Die Mehrheit hat geantwortet: Nein. Deutschland soll von diesen Füchtlingen niemanden aufnehmen.
Ich bin nicht befragt worden – aber was hätte ich geantwortet? Einerseits: man hat doch selbst schon genug Probleme – also heißt die Antwort: Nein! Andrerseits weiß ichs besser: Fremde und Verfolgte verdienen seit biblischen Zeiten ein besonderes Gastrecht. Die Last, die sie für uns bedeuten, wiegt ja nur wenig im Vergleich zu den Lasten und Leiden, die sie selbst tragen müssen. Also heißt meine Antwort Ja! Ja, wir müssen und, ja, wir können Menschen, die auf der Flucht sind, bei uns willkommen heißen. Wie wir das dann ausgestalten, lässt sich ja diskutieren. Nur: ihnen einfach die Tür, an die sie klopfen, vor der Nase zuschlagen, das will ich nicht.
Wir alle sind Kinder dieser Erde, atmen die selbe Luft und trinken das gleiche Wasser. Wir sind aufeinander angewiesen und füreinander da. Wie heißt das bei den Pfadfindern? Der Stärkere schützt den Schwächeren. Eine sehr gute Losung für den Weltflüchtlingstag heute.