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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Bonifatius zum Trotz – 2011 ist das Jahr der Wälder

Bonifatius zum Trotz – 2011 ist das Jahr der Wälder

Bundespräsident Christian Wulff ist der Schirmherr, Bundesministerin Ilse Aigner hat
die Federführung: Auch Deutschland begeht 2011 das Internationale Jahr der Wälder.
Das haben die Vereinten Nationen ausgerufen und damit die Aufmerksamkeit der
ganzen Welt auf den Wald richten wollen. War das nun nötig?

Ja, war es. Denn die Wälder der Erde sind bedroht. Das wertvolle Holz wird geerntet,
ohne dass genügend neue Bäume nachgepflanzt werden. Anderswo braucht man Platz
für Siedlungen und Straßen oder für Äcker und Weideland. Jedes Jahr verschwinden
etwa 130.000 km² Wald von der Erdoberfläche. Und ich weiß, dass wir Christen an
diesem Waldschwund nicht ganz unschuldig sind.

Unsere Vorfahren hatten noch einen ziemlichen Respekt vor den Bäumen des Waldes,
zumindest bevor sich das Christentum ausgebreitet hatte. Die ältesten und schönsten
waren den Göttern geweiht. Sie verehrten sie. Ein bisschen zu sehr – meinte wenigstens
ein gewisser Wynfreth, mit kirchlichem Namen Bonifatius. Der demonstrierte in
der Nähe von Fritzlar, dass man auch solche heiligen Bäume umhauen konnte, ohne
dass irgendeine Gottheit einen daran hinderte.

Er fällte eine uralte Eiche, die dem Donner- und Wettergott Donar geweiht war, um daraus eine Kapelle zu bauen. Das hat den Chatten, also den frühen Hessen, dann doch Eindruck gemacht. Sie schlugen sich auf die Seite der getauften Christen, die offensichtlich einen stärkeren Gott hatten als sie bisher. In den ersten Jahrzehnten danach verehrten sie aber vorsichtshalber wie ihre Vorfahren weiter die heiligen Bäume. Zumindest klagte der Bischof von Mainz, dass sie, wie er schreibt „… immer noch und immer wieder heimlich an ‚heiligen‘ Bäumen, Felsen und Quellen opferten.“ Aber nach und nach verliert sich das.

Sie lernen so zu denken wie eben Bonifatius – und wie auch heute noch viele denken. Ehrfurcht vor dem Wald? Ehrfurcht vor dem Wasser? Nur nicht so zimperlich. Es ist doch genug da. Und Götter wohnen da auch nicht mehr.

Was die Chatten vielleicht schon ahnten, wir wissen es längst. Nämlich, wie wertvoll
Wald ist, wie unersetzlich dieser Teil der Schöpfung für alles andere Leben ist. Wald ist
der Lebensraum für über 60 Prozent aller Arten, die es auf der Erde gibt. Und: Wälder
speichern Kohlenstoff. Auf das Konto der Entwaldung gehen bis zu 20 Prozent der
globalen klimaschädlichen Treibhausgase.

2011 – das Jahr der Wälder ist ein Jahr voller Gelegenheiten, den heiligen Respekt vor
den Bäumen wieder einzuüben.