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Schilling, Dr. Annegreth

Ein Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Frankfurt

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Bob Marley: Get Up, stand Up

Bob Marley: Get Up, stand Up

Es gibt kaum einen Song, der mich so schnell in Bewegung bringt wie dieser: Get up, stand up von Bob Marley. Das Schlagzeug spielt einen fulminanten Auftakt, dann kommen die typischen Beats des Reggae dazu – und dann bin ich schon mittendrin:

Musik

Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up
Stand up for your right

Get up, stand up - Steh ein für dein Recht

Bob Marley singt: Get up, stand up. Steh auf, widersetz dich, steh ein für dein Recht. Das Lied macht Mut, für die eigene Überzeugung einzustehen und sie auch gegen Widerstände zu verteidigen. Das Lied Get up, stand up wird oft auf Demonstrationen gespielt: Bei Protesten von Gewerkschaften oder beim Klimastreik von Schülerinnen und Schülern. Der Song verbindet bis heute Generationen. Wer etwas verändern will, muss die eigene Stimme erheben.

Bob Marley steht wie eine Ikone für politischen Widerstand

Bob Marley steht wie eine Ikone für politischen Widerstand: mit Reggae-Musik, Rasta-Locken und dem süßlichen Geruch von Cannabis. Ich kenne Leute, die früher ein T-Shirt von ihm getragen haben mit seinem markanten Gesicht und den rot-gelb-grünen Streifen, den Farben der Rastafari-Bewegung. Die Rastafaris sind eine religiöse Strömung, die sich seit fast 100 Jahren für die Rechte Schwarzer Menschen einsetzen. Bob Marley war ihr bekanntester Anhänger und wird bis heute überall auf der Welt gehört.

Get up, stand up. Bob Marley wiederholt die Zeilen immer wieder. Wie ein Mantra trägt er die Worte vor sich her. Denn wer sich für die eigenen Rechte einsetzen will, braucht nicht nur Mut, sondern auch einen langen Atem, Geduld und Mut: Gib den Kampf niemals auf.

Musik

Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up

Don’t give up the fight.

Oh, preacher man, don't tell me heaven is under the earth
I know you don't know what life is really worth
It's not all that glitter is gold, and half the story has never been told
So, now you see the light
You stand up for your right
Get up, stand up
Stand up for your right

Overvoice

Ach, Prediger, erzähl mir nicht, dass der Himmel unter der Erde ist.

Du weißt nicht, was das Leben wirklich wert ist.

Nicht aller Glitzer ist Gold, und die Hälfte der Geschichte wurde nie erzählt.

Und jetzt siehst du das Licht.

Steht auf für dein Recht.

Steh auf, widersetz dich.

Steh ein für dein Recht.

Autorin:

Bob Marley hat den Song Get up Stand up 1973 während eines Aufenthalts in Haiti komponiert, zusammen mit seinem Freund Peter Tosh von der Band die „Wailers“. Haiti lag damals fest in der Hand der Diktatorenfamilie Duvalier. Die Bevölkerung hatte nichts zu sagen. Wer sich gegen die Diktatur auflehnte, musste ins Exil gehen oder wurde ermordet.

„Ihr wisst nicht, was das Leben wirklich wert ist.“

Bob Marley singt: „Ihr wisst nicht, was das Leben wirklich wert ist.“ Ja, das Leben ist viel wert. Besonders, wenn es kurz ist wie bei Bob Marley. 1945 kam er in Jamaika zur Welt und er starb an den Folgen einer Krebserkrankung mit nur 36 Jahren. Das war im Jahr 1981. Sein Vermächtnis hat sich über viele Jahrzehnte gehalten: sich einsetzen für Menschen, die am Rande stehen. Das Lied Get up, stand up gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Songs seines musikalischen Schaffens.

Wenn Bob Marley singt: „Nicht aller Glitzer ist Gold und die Hälfte der Geschichte wurde nie erzählt“, kritisiert er autoritäre Politiker und genauso religiöse Führer, die die Gläubigen auf das Jenseits vertrösten. Sie sehen den Himmel unter der Erde, nämlich dort, wo schon alles tot ist. Dabei verstehen sie nicht, was das Leben wirklich wert ist.

Musik

But if you know what life is worth
You would look for yours on earth
And now you see the light, you to stand up for your right, hey

Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up
Don't give up the fight
Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up
Don't give up the fight

Overvoice

Aber wenn du weißt, was das Leben wert ist,

würdest du Deins auf Erden suchen.

Und jetzt siehst du das Licht.

Auch du sollst für dein Recht einstehen.

Steh auf, widersetz dich.

Steh ein für dein Recht.

Autorin:

Die eigene Stimme erheben, aufstehen gegen Ungerechtigkeit. Wie das geht, hat in diesem Jahr Bischöfin Mariann Edgar Budde in den USA gezeigt.

Dieses Jahr stand Bischöfin Mariann Edgar auf gegen die Ungerechtigkeit

Die Bischöfin hat US-Präsident Donald Trump bei dem Gottesdienst bei seiner Amtseinführung im Januar wörtlich gesagt: „Erbarmen Sie sich, Herr Präsident, der Menschen in unseren Gemeinden, deren Kinder Angst haben, dass ihre Eltern weggebracht werden. Helfen Sie denen, die vor Kriegsgebieten und Verfolgung in ihrem eigenen Land fliehen, hier Mitgefühl und Aufnahme zu finden. Unser Gott lehrt uns, dass wir Fremden gegenüber barmherzig sein sollen, denn wir waren einst Fremde in diesem Land.“[1]

So weit Mariann Edgar Budde. In meinen Augen ist sie eine Predigerin, wie sie sich Bob Marley gewünscht hat: Eine, die den Mund aufmacht und Ungerechtigkeit beim Namen nennt. Und dabei dem US-Präsident direkt in die Augen schaut. Ein Lichtmoment. So, wie Bob Marley singt: Jetzt siehst du das Licht.

Die Menschen brauchen solche Momente des Aufstehens einzelner

Solche Lichtmomente brauche ich in einer Zeit, in der es vielen schwer fällt, aufzustehen für ihr Recht oder für das Recht anderer. Es braucht Menschen, die mutig und beherzt für Menschen das Wort ergreifen, die bedroht und an den Rand gedrängt werden. Wenige Menschen haben Gelegenheit, so prominent den Mund aufzumachen wie Mariann Edgar Budde gegenüber Donald Trump. Manche wenden sich einfach schulterzuckend ab und sagen: Ich hab genug von Politik, Religionen und von allem, was mit „-ismus“ endet: Extremismus. Islamismus. Trumpismus.

Bob Marley wendet sich mit seinem Song an die, die sich abwenden wollen. Die müde und genervt sind. Im Song wird das im mittleren Teil von Bob Marley’s Freund Peter Tosh gesungen. Der Rhythmus und die Stimme ändern sich, der Song wird zum Sprechgesang:

Musik

We're sick and tired of your ism-schism game
Dy'n' and go to Heaven in-a Jesus′ name, Lord

We know when we understand
Almighty God is a living man
You can fool some people sometimes
But you can't fool all the people all the time
So now we see the light (watch you gon' do?)
We gonna stand up for our rights (yeah, yeah)
So you′d better
Get up, stand up (in the morning) give it up
Stand up for your right (stand up right now)
Get up, stand up
Don′t give up the fight (don't give it up, don′t give it up)


Overvoice

Wir sind krank und müde von eurem -ismus-Spiel
Sterben und in den Himmel gehen in Herrn Jesu Namen
Wir wissen es, wenn wir verstehen:
Der allmächtige Gott ist ein lebender Mensch.
Du kannst zwar ein paar Leute manchmal betrügen
Aber du kannst nicht alle Leute immer betrügen.
So, und jetzt sehen wir das Licht.
Wir stehen auf für unser Recht.

Jetzt ist der Song kein Song eines Einzelnen mehr, sondern ein Lied, das viele singen. Bob Marley fragt: „Was wirst du machen?“ Diese Frage richtet sich direkt an mich als Hörerin. Ich frage mich: Was mache ich denn? Wo stehe ich auf für das Recht anderer?

Und wo stehst du?

Ich denke an den Hausmeister unserer Kirchengemeinde. Er ist vor vielen Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen. Er ist ein herzlicher Mensch, spricht Deutsch, hat eine Arbeitserlaubnis und sorgt in der Kirche für aufgeräumte und geputzte Räume. Anfangs war auf der Homepage der Gemeinde kein Foto von ihm zu sehen, nur sein Name. Mich hat das gestört. Wir haben Fotos von allen Mitarbeitenden gemacht – auch von ihm. Jetzt ist er auf der Homepage sichtbar.
Das ist nur eine kleine Änderung, aber sie strahlt aus. Wer sichtbar ist, wird leichter Teil einer Gemeinschaft. Unser Hausmeister spürt, dass er dazugehört. Er weiß, was das Leben wert ist. Und hat alles Recht dazu, gesehen und anerkannt zu werden.

Es sind scheinbar kleine Dinge, die viel verändern können. Das eigene Licht leuchten lassen und das Licht richten auf Menschen, die es brauchen.

Bob Marley’s Song erinnert mich daran: Schau hin, wo du selbst Dinge verändern kannst. Überwinde deinen eigenen Widerstand. Mach den Mund auf und werde mutig. Das bringt Licht in die Welt.

Musik

And now you see the light, I want you to stand up for your right, hey

Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up
Don't give up the fight
Get up, stand up
Stand up for your right
Get up, stand up
Don't give up the fight

 


[1] Mariann Edgar Budde, Predigt im Gottesdienst zur Amtseinführung von Präsident Donald Trump, Washington National Cathedral, am 21. Januar 2025, https://www.forumkth.net/budde-predigt-amtseinfuehrung-trump (Zugriff: 6. Mai 2025).