Kleiner Katechismus nach Neil Young
zum Lied When God Made me (Als Gott mich schuf), Track 10 der CD „Prairie Wind“ (LC 00322, 2005) von Neil Young
Sprecher: Bastian Korff
Autor:
Irgendwann kommt diese Frage unweigerlich. Meist wenn man feststellt, dass das Leben nicht ganz einfach ist. Ich meine die Frage: Steckt hinter meiner Person eigentlich eine besondere Idee? Ein Programm? Ein persönlicher Sinn? Oder bin ich ein zufällig zusammen gewürfelter Zellhaufen? Eine Laune der Natur?
Der kanadische Rocksänger Neil Young ist dem nachgegangen. Auch bei ihm war es der Ernstfall des Lebens, der ihn danach fragen ließ. Das war 2005. In diesem Jahr starb sein Vater. Und Neil Young selbst drohte eine Hirnblutung und damit der eigene Tod. Bei der Operation musste er reanimiert werden. Er wurde zurück geholt ins Leben. Aber in welches eigentlich? Seine Antwort hat er, der Musiker, in ein Lied gefasst. Bereits der Titel gibt seine persönliche Antwort: When God made me. Zu Deutsch: Als Gott mich schuf. Eine klare Antwort, aus der für ihn aber gleich neue Fragen erwachsen.
Musik: Refrain von When God made me
Autor:
Neil Young geht davon aus, dass er nicht das Zufallsergebnis einer genetischen Lostrommel der Natur ist, sondern ein Geschöpf Gottes. Doch diese christliche Sichtweise wirft für ihn neue Fragen auf. Neil Young stellt sie in seinem Lied.
Es sind Fragen, die viele Leute haben. Zu ihnen gehören in der evangelischen Kirche auch die Konfirmanden, wenn sie wach sind und sich trauen. In diesen Wochen werden sie konfirmiert. Darauf haben sich die jungen Leute viele Monate lang vorbereitet.
Kurz vor der Konfirmation durchlaufen sie eine Prüfung, darin zeigen sie, was sie alles gelernt haben.
Aber all die Monate davor war es anders herum. Da standen die evangelische Kirche und ihr Glaube auf dem Prüfstand der Konfis. Ihnen musste die Kirche Rede und Antwort stehen. Die Fragen für diese Prüfung liefert Neil Young in seinem Lied mit dem Titel „When God made me“. Ihnen stelle ich mich hier, so gut ich das kann.
Musik: Strophe 1 von „When God made me“
Sprecher: Als Gott mich schuf: Hat er da an meine Herkunft gedacht oder an die Farbe meiner Haut?
Autor:
Bestimmt, denn aus christlicher Sicht ist Gott der Urgrund allen Seins. Damit steckt er auch hinter jedem seiner Geschöpfe. Ihre Hautfarbe und ihre Herkunft sind von Gott gewollt und sie sind willkommen.
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er mich einfach in sein Bild von mir hinein geschaffen und alles Lebendige auch?
Autor:
Wir Menschen sind keine roboterartigen Figuren in einer Puppenstube Gottes. Gott hat uns frei geschaffen. Wir können denken und wählen, falsch handeln und richtig. Genau so hat uns Gott gewollt. Als freie Menschen passen wir in sein Bild. Die Frage ist nur, ob wir dann auch im Rahmen dieses Bildes bleiben? Das muss sich im Leben erweisen. In der Art, wie wir leben. Meine Leitfrage ist dabei: Wie könnte Gott mich gemeint haben? Manchmal reicht das schon um zu erkennen, was ich tun sollte und was nicht. Aber manchmal ist das auch zu wenig. Und so rätsele und bete ich herum. Das Leben als Geschöpf Gottes ist und bleibt spannend – frei eben.
Das Leben frei und verantwortlich vor Gott gestalten - ein Beispiel, wie es aus meiner Sicht nicht geht, habe ich vor einigen Tagen im Fernsehen gesehen. Da wurden zum Beginn des Wochenendes Leute auf dem Frankfurter Flughafen gefragt, wo sie denn hinfliegen, wie lange und warum? Hintergrund war natürlich das Problem mit dem Nachflugverbot, mit der Lärmbelästigung und der Umweltbelastung. Ob sich die Passagiere dafür mitverantwortlich fühlten, wurden sie gefragt.
Einer sagte: „Nein, die Fluggesellschaften sind schuld. Weil die das Fliegen so billig machen.“ Das mag in der politischen Debatte über das Fliegen ein Argument sein. Aber es ist keines bei der Frage, wie man als Christ seine Freiheit verantwortlich leben kann. Dafür reicht es auch nicht zu sagen: „Andere müssen das teurer machen und es mir damit entziehen.“ Da muss man sich schon selbst fragen: „Ist es meine Reise wert, dass andere dafür belastet werden?“ Dafür kann es ja gute Gründe geben. Man weiß insgeheim selbst, ob sie gut genug sind. Das ist ein Beispiel. Davon bietet der Alltag eine Menge mehr. An ihnen entscheidet sich, inwieweit man im Bild Gottes bleibt oder nicht.
Musik: Strophe 2 von „When God made me“
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er nur für die geplant, die an Gott glauben oder an eine höhere Macht?
Autor:
Bestimmt hat er das nicht. Gott ist Gott aller Menschen, der Gläubigen wie der Nicht- Gläubigen.
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er die Kriege vorausgesehen, die in seinem Namen ausgetragen wurden?
Autor:
Wer sich zum Krieg führen auf Gott beruft, liegt falsch. Doch das haben viele Menschen nicht begriffen. Das zeigt sich bereits in der Bibel. Darin werden Kriege beschrieben und Menschen, die denken, dass sie im Namen Gottes kämpfen. Doch später änderte sich das. Jesus sagt: „Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden das Himmelreich haben.“ So zeigt sich schon in der Bibel, dass die Menschen dazu gelernt haben: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Dennoch finden weiter Kriege statt. Und manche führen darin sogar religiöse Gründe dafür an, einander zu hassen und zu töten. Doch in Wahrheit steht der Glaube dabei meist nur am Rande. Die eigentlichen Gründe sind andere. Ein Beispiel: Der Krieg in Nordirland: Darüber hieß es in den Nachrichten immer, dass sich dort Katholiken und Protestanten bekämpfen. Doch eigentlich ging es dabei um etwas ganz anders. Es war ein Machtkampf zwischen den Einwanderern aus England und den Ureinwohnern aus Irland. Die einen waren eben Protestanten und die anderen Katholiken. Gott wird oft missbraucht, um Kriege anzuzetteln, in denen es eigentlich um andere Ziele geht.
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er gedacht, dass es nur einen Weg gibt ihm nahe zu sein?
Autor:
Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. Schon in der Bibel. Denn jeder Mensch muss seinen eigenen Weg zu Gott und mit Gott finden. Aber sind deshalb auch alle gleichermaßen richtig – die christlichen, die muslimischen und die anderen? Ich weiß es nicht. Mir als Christ im Deutschland des 21. Jahrhunderts ist manches aus anderen Religionen fremd. Manches lehne ich ab, zum Beispiel die islamische Scharia, sie räumt Frauen und Männern nicht die gleichen Rechte ein und sie fordert drakonische Strafen wie das Abhacken einer Hand. Andererseits habe ich im Gespräch mit Muslimen auch viel Gemeinsames in der persönlichen Frömmigkeit festgestellt. Doch ist meine kleine persönliche Wahrheit auch die große Wahrheit Gottes? Das kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Hier hilft es nur, einander zu ertragen und zu befragen.
Musik: Strophe 4 von „When God made me“
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er uns das Geschenk der Liebe gegeben, damit wir wählen können?
Autor:
Wir Menschen können und sollen frei entscheiden, was wir tun wollen. Doch Gott hofft, dass wir dafür die Liebe zur Richtschnur machen: „Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst“, lautet ein Kernsatz der Bibel. Und in jedem Menschen, mit dem wir liebevoll umgehen, begegnen wir auch Gott selber.
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er mir die Stimme geschenkt, damit andere mich zum Schweigen bringen können?
Autor:
Hier spielt Neil Young auf seine politischen Aktivitäten an. Als Friedensbewegter hat er sich wiederholt kritisch gegen die amerikanische Kriegspolitik gestellt. Dafür wurde er von konservativen Kreisen hart kritisiert. Meine Antwort an ihn lautet: Bitte sing weiter. Vermutlich hat Gott dir deine Stimme gegeben, damit du sie erhebst.
Sprecher:
Als Gott mich schuf: Hat er mir das Geschenk des Mitgefühls gegeben, damit ich meinem Nächsten helfen kann?
Autor:
Gott ist die Quelle der Liebe und des Mitgefühls. Die kann jeden irgendwie anrühren. Wer einen anderen Menschen leiden sieht, spürt in sich den Impuls zu helfen. Manche spüren den sogar so stark, dass sie sich damit überfordern. Manche sehen zu viel Elend und stumpfen ab. Manche erfahren selbst zu wenig Liebe und können dann auch keine weiter geben. Zwischen zu wenig Mitgefühl und zu viel Mitgefühl muss jeder seinen eigenen Weg finden. Dabei gilt: Das ganze Elend dieser Welt kann sich niemand auf seine Schultern laden. Das kann nur Gott. Und das hat er in seinem Sohn Jesus Christus auch getan. Aber etwas Mitgefühl kann doch jeder in die Welt tragen. Und das wird auch erwartet. Im Kontakt mit Gott ist es eben nicht egal, ob ich lebe und wie ich lebe. Da kommt es auf jeden einzelnen an. Was und wie, das ist offen. Wenn also in diesen Wochen die Konfirmanden ihr eigenes JA zum christlichen Glauben sagen, dann sind sie damit keine fertigen Christen. Sie wissen – und hoffentlich spüren sie es auch -, dass sie von Gott geschaffen und gewollt sind. Und sie stellen - hoffentlich - weiterhin Fragen. So wie Neil Young.
Schlussmusik: Refrain
Song unter:
http://www.youtube.com/watch?v=8YhVnew93DA
Was he thinking about my country | Hat er an meine Herkunft gedacht |
Was he planning only for believers | Hat er nur für die geplant, die an Gott |
Did he give us the gift of love | Hat er uns das Geschenk der Liebe |
Did he give me the gift of voice | Hat er mir die Stimme geschenkt, damit andere |